«Wohnen ist ein Grundbedürfnis – ein Menschenrecht»

14. Feb­ru­ar 2019 | casanos­tra

Modell Einfamilienhaus© Thor­ben Wengert/pixelio.de

In der Win­ter­s­es­sion hat der Nation­al­rat die Eidg. Volksini­tia­tive «Mehr bezahlbare Woh­nun­gen» berat­en. Die Ini­tia­tive wurde lanciert vom Mieterin­nenund Mieter­ver­band – doch unter­stützt auch der Hausvere­in Schweiz das Volks­begehren. Das mag über­raschen – indes nur auf den ersten Blick.

aus casanos­tra 149

© Casafair Schweiz

PRO: vernünftige Bodenpolitik

© Par­la­ments­di­en­ste

Thomas Hard­eg­ger, Vizepräsi­dent Hausvere­in Schweiz, Nation­al­rat SP/ZH

«Der Hausvere­in wurde 1988 im Zuge der Stadt-Land-Ini­tia­tive gegrün­det, welche die Boden­speku­la­tion bekämpfen und den Eigen­ver­brauch des Bodens pri­or­isieren wollte. Genau dies tun auch die Wohn­baugenossen­schaften als kollek­tive Eigen­tums­ge­mein­schaften. Mit effizien­ter Nutzung des Bodens, nach­haltiger Bauweise und Kosten­mi­ete ver­fol­gen sie die gle­ichen Ziele wie der Hausvere­in und entziehen den Boden eben­so der Speku­la­tion.»

Die steigen­den Mieten sind ein gehöriger Brock­en im Haushalts­bud­get: Bei Einkom­men von unter 5000 Franken mache er mehr als 30 Prozent der Aus­gaben aus; 500 000 Haushalte in der Schweiz müssten deshalb bei Klei­dern oder bei Gesund­heit­saus­gaben sparen, damit sie sich das Wohnen leis­ten kön­nen. Dies hat einst der Schweiz­erische Mieterin­nen- und Mieter­ver­band SMV errech­net und will mit sein­er Volksini­tia­tive «Mehr bezahlbare Woh­nun­gen» für Entspan­nung am über­hitzten Woh­nungs­markt sor­gen.

Die Ini­tia­tive fordert Ergänzun­gen der Bun­desver­fas­sung mit dem Ziel, das Ange­bot an preis­gün­sti­gen Woh­nun­gen auszuweit­en. Ins­beson­dere der gemein­nützige Woh­nungs­bau soll gefördert wer­den: min­destens 10 Prozent der neu gebaut­en Woh­nun­gen sollen dere­inst im Besitz von Trägern und Organ­i­sa­tio­nen des gemein­nützi­gen Woh­nungs­baus sein. Weit­er dürften Förder­pro­gramme für Sanierun­gen nicht zum Ver­lust von gün­stigem Wohn­raum führen.

Genossenschaften statt Spekulanten

Um diese Quote zu erre­ichen, fordert der SMV, dass Bund, Kan­tone und Gemein­den geeignete Grund­stücke – auch solche im Besitz bun­desna­her Betriebe – mit einem entsprechen­den Vorkauf­s­recht bele­gen. Das sei dur­chaus wirk­sam, bestätigt Hausvere­ins-Präsi­dentin und SP-Nation­al­rätin Clau­dia Friedl: «Woh­nun­gen von Genossen­schaften und solche der öffentlichen Hand haben 20 bis 25 Prozent gün­stigere Miet­preise, weil diese Grund­stücke und Liegen­schaften der Speku­la­tion ent­zo­gen wor­den sind.»

Bere­its der Bun­desrat störte sich jedoch an der im Ini­tia­tiv­text fest­gelegten Quote von 10 Prozent. Das sei über­trieben reg­u­la­torisch. Clau­dia Friedl hält dage­gen. Es gin­ge dur­chaus noch pro­gres­siv­er: «Die Stadt Wien macht es vor: Dort sind acht von zehn Woh­nun­gen gemein­nützig. In der Schweiz hinge­gen hat der Anteil gemein­nütziger Woh­nun­gen in den let­zten dreis­sig Jahren stetig ab- statt zugenom­men.» Ganz beson­ders in den städtis­chen Zen­tren, wo nun­mehr kaum noch erschwinglich­er Wohn­raum zu haben sei. Immer­hin hat man dort das Prob­lem erkan­nt: So hat die Stadt Zürich das Ziel für einen Anteil an gemein­nützi­gen Woh­nun­gen von einem Drit­tel des Bestandes in der Gemein­de­ord­nung fest­geschrieben.

Auch EigentümerInnen betroffen

Der Zen­tralvor­stand des Hausvere­ins Schweiz hat das Volks­begehren des Mieterin­nen- und Mieter­ver­bands disku­tiert. Mit deut­lich­er Mehrheit ist die Ver­bandsspitze der Auf­fas­sung, dass eben genau nicht bloss Mieterin­nen und Mieter betrof­fen seien. «Immer höhere Mieten treiben auch die Preise für Wohneigen­tum mas­siv in die Höhe, sodass für viele Leute Wohneigen­tum uner­schwinglich wird», sagt Clau­dia Friedl. Der Hausvere­in ste­he seit jeher für faire Mieten statt für grosse Gewinne ein. Da stün­den auch die Ver­mi­etenden in der Ver­ant­wor­tung: «Immer­hin ist Wohnen ein Grundbedürf­nis, ein Ver­fas­sungsauf­trag und ein Men­schen­recht.»

Der Nation­al­rat hat im let­zten Dezem­ber anders entsch­ieden und die Ini­tia­tive «Mehr bezahlbare Woh­nun­gen» abgelehnt. Er anerken­nt jedoch einen gewis­sen Hand­lungs­be­darf und stock­te den Rah­menkred­it zur Förderung des gemein­nützi­gen Woh­nungs­baus mod­er­at auf. Nun ist der Stän­der­at am Zug – dessen vor­ber­a­tende Kom­mis­sion hat dem Volks­begehren jedoch vor kurzem bere­its eine Abfuhr erteilt.

Andreas Käser­mann

CONTRA: ungeeignetes Instrument

© Par­la­ments­di­en­ste

Beat Flach, Vizepräsi­dent Hausvere­in Schweiz, Nation­al­rat GLP/AG

«Bess­er wäre es, die Zonenord­nun­gen so zu ändern, dass an inner­städtis­chen Wohn­la­gen ein gewiss­er Anteil der Woh­nun­gen auch einkom­menss­chwachen Men­schen zur Ver­fü­gung gestellt wer­den muss. Das verpflichtet Inve­storen zu umsichtiger Pla­nung und sorgt dafür, dass in den Städten eine gut durch­mis­chte Bevölkerung leben kann, statt eine Massierung von gün­sti­gen Genossen­schaftswoh­nun­gen an der Periph­erie zu erricht­en. Ohne­hin sind über­teuerte Woh­nun­gen ein städtis­ches und kein eid­genös­sis­ches Prob­lem, weshalb ich die Ini­tia­tive ablehne.»

PRO:
vernünftige Bodenpolitik

© Par­la­ments­di­en­ste

Thomas Hard­eg­ger, Vizepräsi­dent Hausvere­in Schweiz, Nation­al­rat SP/ZH

«Der Hausvere­in wurde 1988 im Zuge der Stadt-Land-Ini­tia­tive gegrün­det, welche die Boden­speku­la­tion bekämpfen und den Eigen­ver­brauch des Bodens pri­or­isieren wollte. Genau dies tun auch die Wohn­baugenossen­schaften als kollek­tive Eigen­tums­ge­mein­schaften. Mit effizien­ter Nutzung des Bodens, nach­haltiger Bauweise und Kosten­mi­ete ver­fol­gen sie die gle­ichen Ziele wie der Hausvere­in und entziehen den Boden eben­so der Speku­la­tion.»

Die steigen­den Mieten sind ein gehöriger Brock­en im Haushalts­bud­get: Bei Einkom­men von unter 5000 Franken mache er mehr als 30 Prozent der Aus­gaben aus; 500 000 Haushalte in der Schweiz müssten deshalb bei Klei­dern oder bei Gesund­heit­saus­gaben sparen, damit sie sich das Wohnen leis­ten kön­nen. Dies hat einst der Schweiz­erische Mieterin­nen- und Mieter­ver­band SMV errech­net und will mit sein­er Volksini­tia­tive «Mehr bezahlbare Woh­nun­gen» für Entspan­nung am über­hitzten Woh­nungs­markt sor­gen.

Die Ini­tia­tive fordert Ergänzun­gen der Bun­desver­fas­sung mit dem Ziel, das Ange­bot an preis­gün­sti­gen Woh­nun­gen auszuweit­en. Ins­beson­dere der gemein­nützige Woh­nungs­bau soll gefördert wer­den: min­destens 10 Prozent der neu gebaut­en Woh­nun­gen sollen dere­inst im Besitz von Trägern und Organ­i­sa­tio­nen des gemein­nützi­gen Woh­nungs­baus sein. Weit­er dürften Förder­pro­gramme für Sanierun­gen nicht zum Ver­lust von gün­stigem Wohn­raum führen.

Genossenschaften statt Spekulanten

Um diese Quote zu erre­ichen, fordert der SMV, dass Bund, Kan­tone und Gemein­den geeignete Grund­stücke – auch solche im Besitz bun­desna­her Betriebe – mit einem entsprechen­den Vorkauf­s­recht bele­gen. Das sei dur­chaus wirk­sam, bestätigt Hausvere­ins-Präsi­dentin und SP-Nation­al­rätin Clau­dia Friedl: «Woh­nun­gen von Genossen­schaften und solche der öffentlichen Hand haben 20 bis 25 Prozent gün­stigere Miet­preise, weil diese Grund­stücke und Liegen­schaften der Speku­la­tion ent­zo­gen wor­den sind.»

Bere­its der Bun­desrat störte sich jedoch an der im Ini­tia­tiv­text fest­gelegten Quote von 10 Prozent. Das sei über­trieben reg­u­la­torisch. Clau­dia Friedl hält dage­gen. Es gin­ge dur­chaus noch pro­gres­siv­er: «Die Stadt Wien macht es vor: Dort sind acht von zehn Woh­nun­gen gemein­nützig. In der Schweiz hinge­gen hat der Anteil gemein­nütziger Woh­nun­gen in den let­zten dreis­sig Jahren stetig ab- statt zugenom­men.» Ganz beson­ders in den städtis­chen Zen­tren, wo nun­mehr kaum noch erschwinglich­er Wohn­raum zu haben sei. Immer­hin hat man dort das Prob­lem erkan­nt: So hat die Stadt Zürich das Ziel für einen Anteil an gemein­nützi­gen Woh­nun­gen von einem Drit­tel des Bestandes in der Gemein­de­ord­nung fest­geschrieben.

Auch EigentümerInnen betroffen

Der Zen­tralvor­stand des Hausvere­ins Schweiz hat das Volks­begehren des Mieterin­nen- und Mieter­ver­bands disku­tiert. Mit deut­lich­er Mehrheit ist die Ver­bandsspitze der Auf­fas­sung, dass eben genau nicht bloss Mieterin­nen und Mieter betrof­fen seien. «Immer höhere Mieten treiben auch die Preise für Wohneigen­tum mas­siv in die Höhe, sodass für viele Leute Wohneigen­tum uner­schwinglich wird», sagt Clau­dia Friedl. Der Hausvere­in ste­he seit jeher für faire Mieten statt für grosse Gewinne ein. Da stün­den auch die Ver­mi­etenden in der Ver­ant­wor­tung: «Immer­hin ist Wohnen ein Grundbedürf­nis, ein Ver­fas­sungsauf­trag und ein Men­schen­recht.»

Der Nation­al­rat hat im let­zten Dezem­ber anders entsch­ieden und die Ini­tia­tive «Mehr bezahlbare Woh­nun­gen» abgelehnt. Er anerken­nt jedoch einen gewis­sen Hand­lungs­be­darf und stock­te den Rah­menkred­it zur Förderung des gemein­nützi­gen Woh­nungs­baus mod­er­at auf. Nun ist der Stän­der­at am Zug – dessen vor­ber­a­tende Kom­mis­sion hat dem Volks­begehren jedoch vor kurzem bere­its eine Abfuhr erteilt.

Andreas Käser­mann

CONTRA: ungeeignetes Instrument

© Par­la­ments­di­en­ste

Beat Flach, Vizepräsi­dent Hausvere­in Schweiz, Nation­al­rat GLP/AG

«Bess­er wäre es, die Zonenord­nun­gen so zu ändern, dass an inner­städtis­chen Wohn­la­gen ein gewiss­er Anteil der Woh­nun­gen auch einkom­menss­chwachen Men­schen zur Ver­fü­gung gestellt wer­den muss. Das verpflichtet Inve­storen zu umsichtiger Pla­nung und sorgt dafür, dass in den Städten eine gut durch­mis­chte Bevölkerung leben kann, statt eine Massierung von gün­sti­gen Genossen­schaftswoh­nun­gen an der Periph­erie zu erricht­en. Ohne­hin sind über­teuerte Woh­nun­gen ein städtis­ches und kein eid­genös­sis­ches Prob­lem, weshalb ich die Ini­tia­tive ablehne.»