Wird jetzt die A1 zur Mega-Autobahn?

12. Sep­tem­ber 2023 | Ghost­writ­ing

© Viviane Bar­ben

Blog­beitrag auf der Web­site des VCS Schweiz – geschrieben für Selim Egloff, Pro­jek­tleit­er Verkehrspoli­tik

Der Nation­al­rat hat ein­er Motion zuges­timmt, wonach die Auto­bahn A1 zwis­chen Bern und Zürich und zwis­chen Lau­sanne und Genf durchge­hend auf «min­destens sechs Spuren» aus­ge­baut wer­den soll. Ein krass­er Fehlentscheid. Er wider­spricht dem Volk­sauf­trag zum Kli­maschutz vom 18. Juni.

Es ist reich­lich erstaunlich, wie begren­zt die Lern­fähigkeit aus früheren Fehlern doch ist. Der Nation­al­rat will – wie zuvor bere­its der Bun­desrat – die Auto­bahn A1 zwis­chen Zürich und Bern sowie zwis­chen Lau­sanne und Genf durchge­hend auf sechs Spuren aus­bauen. Weil sich dort die Staus­tun­den anhäufen wür­den.

Ein Auto­bah­naus­bau ist aber ganz grund­sät­zlich nicht zur Behe­bung von Verkehrsprob­le­men geeignet. Jedes Mal, wenn Verkehrsach­sen über­lastet sind, wurde dem Prob­lem mit einem Aus­bau, noch bre­it­eren Strassen und noch mehr Auto­bahn­spuren begeg­net. Mit dem Effekt, dass der Aus­bau nur noch mehr Verkehr ange­zo­gen hat: Schon wenige Jahre später war der Stau wieder da und es wurde über weit­ere Aus­baut­en nachgedacht. Ein offen­sichtlich­er Fehler also. Fehler hart­näck­ig zu wieder­holen und keine Lehren daraus zu ziehen, das ist ver­ant­wor­tungs­los. Mit seinem Ja zur Mega-Auto­bahn A1 riskiert der Nation­al­rat, die Verkehrsprob­leme zusät­zlich zu ver­schär­fen und den Teufel­skreis weit­er zu beschle­u­ni­gen.

Staatspolitisch fragwürdig – klimapolitisch ein Desaster

Unver­ständlich ist auch, dass der Nation­al­rat den Volk­sentscheid vom 18. Juni zum Kli­maschutz-Gesetz völ­lig auss­er Acht lässt. Das ist staat­spoli­tisch höchst beden­klich; für das Kli­ma aber ist der Entscheid ger­adezu katas­trophal: Wenn der Verkehr bere­its heute rund die Hälfte der hierzu­lande pro­duzierten Treib­haus­gase verur­sacht, so ist ein Auto­bah­naus­bau sich­er nicht der richtige Weg. Die Mass­nah­men zur Bekämp­fung der Kli­makrise sind bere­its jet­zt ungenü­gend und wür­den weit­er an Wirkung ver­lieren.

Beim genauen Hin­se­hen fällt übri­gens noch eine andere Geschichte auf: Motionär Erich Hess schwadroniert in seinem Vorstoss von lan­gen Staus­tun­den, von der gebeutel­ten Wirtschaft und von der Leier der «unge­brem­sten Zuwan­derung». Das ist SVP-Wahlkampfgetöse. Denn seit 1995 haben die MIV-Kilo­me­ter um 40% zugenom­men, während die Bevölkerung ger­ade mal um 20% gewach­sen ist. Wenn also wed­er der Bun­desrat noch der Nation­al­rat der­lei durch­schaut und ein paar Wochen vor dem Wahlson­ntag willfährig Sukkurs leis­tet, so ist das beden­klich.

Bleibt zu hof­fen, dass der Stän­der­at dere­inst ein­sichtig ist und den Fehlentscheid kor­rigiert. Der Wahlkampf ist dannzu­mal vor­bei und der Blick auf die Dinge mit mehr Seren­ität wieder möglich.

Der Beitrag wurde für Selim Egloff ver­fasst und erschien im Blog des VCS Schweiz.