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Skandal: ASTRA rechnet mit Gammelzahlen

Blog­beitrag auf der Kam­pag­nen-Web­site «NEIN zum mass­losen Auto­bahn-Aus­bau» – geschrieben für Selim Egloff, Pro­jek­tleit­er Verkehrspoli­tik

Beim Bund wird offen­bar gerne mit jenen Zahlen gerech­net, die ger­ade ins aktuelle Nar­ra­tiv passen. Das zeigte sich neulich bei der AHV. Doch auch im Bun­de­samt für Strassen ASTRA ver­wen­det man wissentlich Zahlen, die nicht aktuell sind. Diese hat das Bun­de­samt in die Botschaft zum Auto­bahn-Aus­bau geschrieben und gedenkt nun damit auch in den Abstim­mungskampf zu ziehen.

Der Fall wurde von der NZZ am Son­ntag aufgedeckt. Konkret geht es um den allfäl­li­gen Auto­bahn-Aus­bau – der soll ja nicht nur kosten, son­dern unter dem Strich auch Vorteile brin­gen. «Je mehr Nutzen, umso bess­er», haben sich wohl die Astra-Leute gedacht. Sie haben darum die heuti­gen Staus­tun­den in Franken umgerech­net und sich dabei Zahlen bedi­ent, welche über­holt sind.

Die Werte – sie stam­men aus dem Jahr 2009 und wur­den sein­erzeit vom Strassen­bauer-Ver­band VSS veröf­fentlicht – ergeben einen volk­swirtschaftlichen Nutzen von 184 Mil­lio­nen Franken, wenn die Auto­bah­nen aus­ge­baut wür­den. Dies vor allem, weil die Zahl der Staus­tun­den sinke.

Jedoch ist der Fachver­band VSS mit­tler­weile zur Räson gekom­men und rech­net mit anderen, bre­it­er abgestützten Werten. Auf­grund der­er resul­tiert immer noch ein Nutzen – dieser fällt aber voraus­sichtlich um 41 % tiefer aus als mit der alten Rechen­norm. Das wären dann nur noch 65 Mil­lio­nen Franken.

Das wisse man beim ASTRA wohl, räumt dessen Medi­en­stelle ein. Die über­ar­beit­eten Zahlen seien jedoch noch nicht kon­so­li­diert und gäl­ten voraus­sichtlich erst in eini­gen Monat­en. Darum wäre es «unser­iös», die neuen, vom VSS kor­rigierten Zahlen zu ver­wen­den.

Das ASTRA will auch im Abstim­mungskampf mit mut­masslich falschen, sich­er aber ver­al­teten Zahlen argu­men­tieren. Lauterkeit geht anders.

Allerd­ings: Die neuen Zahlen wer­den ausser­halb der Bun­desver­wal­tung längst angewen­det. So hat das Beratung­sun­ternehmen Ecoplan im Auf­trag des Kan­tons Schwyz bere­its vor einem Jahr eine Unter­suchung zur Umfahrung in Küss­nacht durchge­führt. Dabei wur­den sowohl die aktuell gültige Norm als auch der neue Ansatz in die Bew­er­tung ein­be­zo­gen; bei let­zterem zeigte sich, dass die Staukosten deut­lich geringer aus­fie­len.

Unschön an der Geschichte: Das Bun­de­samt für Strassen erwäh­nt die neuen Rechen­nor­men und deren Auswirkun­gen in der Botschaft mit kein­er Silbe. Nicht ein­mal eine Fuss­note war die neue Zahlen­ba­sis wert. Das Par­la­ment kon­nte in der Güter­ab­wä­gung also nicht wis­sen, dass das ASTRA wom­öglich etwas gar dick aufträgt. Schlim­mer noch: In der Folge wird auch im Abstim­mungskampf mit mut­masslich falschen, sich­er aber ver­al­teten Zahlen argu­men­tiert. Lauterkeit geht anders.

Damit wer­den die Stim­menden ver­schaukelt. Es darf nie­man­den wun­dern, wenn das Ver­trauen in den Staat und dessen Ver­wal­tungsstellen schwindet. Die Auswirkun­gen von Strassen­baupro­jek­ten sind hochkom­plex; da ist es prob­lema­tisch, Zahlen zu präsen­tieren, von denen man weiss, dass sie keinen Bestand haben wer­den. Zudem drängt sich die Frage auf, warum mehr als 5 Mil­liar­den Franken für einen Auto­bah­naus­bau aus­gegeben wer­den sollen, der bei weit­em nicht ein­löst, was die Botschaft des Bun­des ver­spricht.

Der Beitrag wurde für Selim Egloff ver­fasst und erschien auf autobahnausbau-nein.ch.