
Radon — Der stille Killer im Keller
Der Bundesrat hat neulich die Richtlinien zum Schutz vor Strahlung verschärft. Auch beim radioaktiven Gas Radon gelten ab 2018 tiefere Referenzwerte. Wer baut oder renoviert, ist von den Neuerungen betroffen.
Der Bundesrat beabsichtige mit der neuen Regelung, Bevölkerung und Umwelt besser vor ionisierender Strahlung zu schützen und die gesetzlichen Grundlagen des Strahlenschutzes an die internationalen Richtlinien anzupassen, heisst es aus dem Bundesamt für Gesundheit. Die neuen Richtlinien und Referenzwerte betreffen sowohl die künstliche wie auch die natürliche Strahlung. Die Röntgenabteilung im Spital ist also ebenso tangiert wie die Bauherrin oder der renovationswillige Hausbesitzer.
So will der Bundesrat, dass beim Bauen künftig die Radonbelastung in der ganzen Schweiz stärker beachtet wird. Für das natürliche, radioaktive Gas Radon gilt neu ein Referenzwert von 300 Becquerel pro Kubikmeter in Wohn- und Aufenthaltsräumen – bislang sind es 400 Becquerel pro Kubikmeter, wobei das Bundesamt für Gesundheit bereits heute 300 Becquerel empfiehlt.
Radon wird weitgehend unterschätzt
Radon ist eine gesundheitliche Belastung. Diesen Schluss zieht auch die Krebsliga Schweiz. Florian Suter, Fachspezialist Prävention und Umwelt, sagt: «Radon ist nach dem Rauchen die häufigste Ursache für Lungenkrebs. In der Schweiz führt das radioaktive Edelgas jährlich zu 200 bis 300 Todesfällen.» Das Gas komme natürlicherweise überall im Boden vor. In der Umgebungsluft ist die Radonkonzentration jedoch zu gering für eine gesundheitsschädigende Wirkung.
«Gelangt Radon allerdings aus dem Boden durch undichte Stellen ins Haus, kann es sich dort anreichern und die Gesundheit der Hausbewohner gefährden», warnt Suter. Zerfalle das Radon, gelangten radioaktive Schwebeteilchen in die Atemluft. «Werden diese eingeatmet, gelangen sie in die Lunge, lagern sich auf dem Lungengewebe ab und bestrahlen dieses. Dadurch kann Lungenkrebs entstehen.»
Radon ist nach dem Rauchen die häufigste Ursache für Lungenkrebs.
Radon tritt zwar in der ganzen Schweiz auf, jedoch ist die Belastung regional sehr unterschiedlich. Besonders Radon-belastet sind das Bündnerland, das Tessin und der Jurabogen. Dies seien aber nur grobe Faustregeln, sagt der Radon-Experte des Hausverein Schweiz Stephan Baumann: «Die Belastung ist kleinräumig sehr unterschiedlich: In unserer Liegenschaft habe ich 30 Becquerel gemessen; bei meinem Nachbarn, der zehn Meter entfernt wohnt, sind es 800 Becquerel.»
Unterschiedliche Belastung
Radon ist ein Zerfallsprodukt des Urans. Das Edelgas steigt aus dem Boden auf und verdünnt sich in der Luft auf minimale Werte. In geschlossenen Räumen kann Radon jedoch nicht entweichen. Das Gas sammelt sich und die Konzentration nimmt zu. In der Schweiz wurden bereits Spitzenwerte bis zu 10 000 Becquerel pro Kubikmeter Luft gemessen.
Naturgemäss sind vorwiegend Kellerräume betroffen; auch im Erdgeschoss können bisweilen hohe Werte gemessen werden. Längst nicht jedes Haus und bei weitem nicht alle Keller sind gleichermassen betroffen: «Moderne Häuser haben meist weniger Risiken, alte Betonkeller sind aber kein Schutz», sagt Baumann. «Im Naturbodenkeller ist häufig Radon zu finden. Moderne Keller sind hingegen wasserdicht, da ist das Risiko für Radonprobleme geringer.» Den Kellerboden jedoch nachträglich zu betonieren, sei einerseits kostspielig, andererseits auch eine Massnahme, die selten den gewünschten Nutzen bringe. Geeigneter – und wesentlich günstiger – sei es beispielsweise, einen wenig benutzten Raum im Keller in einen leichten Unterdruck zu versetzen. Das Gas wird sich dann dort sammeln und kann per Lüfter ins Freie befördert werden.
Radonmessung lohnt sich
Jedoch ist auch ein Neubau nicht per se vor Radon sicher. Klarheit über die Radonbelastung schafft einzig eine Messung – ganz besonders bei geplanten Renovationen. Dosimeter, die über mehrere Monate die Radonbelastung messen, kosten 70 bis 80 Franken. «Eine Messung ist besonders während der Heizperiode sinnvoll», sagt Radon-Experte Baumann. Dies insbesondere darum, weil im Sommer häufiger gelüftet werde und dies ein Resultat verfälschen könnte. «Aussagekräftige und zuverlässige Messungen sollten überdies ungefähr drei Monate dauern. Und sie sollten ab und an wiederholt werden, etwa wenn eine neue Heizung installiert oder Fenster ersetzt werden.» Dies könne die Radonbelastung nicht unerheblich beeinflussen.
Das Bundesamt für Gesundheit empfiehlt, Radonmessungen sowohl im Wohnbereich wie auch im Keller durchzuführen. Einige Kantone bieten Radonmessungen auch kostenlos an. Das BAG führt überdies eine Liste von anerkannten Fachpersonen.
Andreas Käsermann