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Öffentlichen Verkehr nicht kaputtsparen

Das Sig­nal, welch­es die Stim­menden mit dem Nein zum Auto­bahn-Aus­bau aus­ge­sendet haben, ist klar: Sie wollen weg von einem Verkehrssys­tem, das sich auf das Auto konzen­tri­ert. Betra­chtet man die jüng­sten Diskus­sio­nen um Bud­gets und Finanzen, so ist diese Wil­lens­bekun­dung offen­sichtlich noch nicht in der Poli­tik angekom­men.

aus VCS-Mag­a­zin 1/2025

VCS Schweiz

Ein stärk­er­er öffentlich­er Verkehr (ÖV) und bessere Velowege müssen finanziert sein. Der  Bun­desrat will aber den Deck­ungs­grad für die ÖV-Kosten anpassen und bes­timmte Streck­en stre­ichen – ins­beson­dere in ländlichen Regio­nen. Die angestrebten Kürzun­gen bedeuteten das Aus für wichtige regionale Verbindun­gen. Das ist Gift für die drin­gend nötige Verkehr­swende. Immer­hin zeigte sich das Par­la­ment in den Bud­get­diskus­sio­nen im Dezem­ber hin­sichtlich der Kürzun­gen sehr skep­tisch und schick­te den Bun­desrat noch ein­mal über die Büch­er. Den­noch hat dieser nun eine Sparkeule in die Vernehm­las­sung geschickt, welche beim ÖV und beim Kli­maschutz viele und bei den Auto­bah­nen kaum Abstriche macht. Ins­beson­dere der inter­na­tionale Bah­n­verkehr müsste auf Mit­tel  verzicht­en, die erst voriges Jahr vom Par­la­ment beschlossen wor­den sind.

Der VCS lehnt den bun­desrätlichen Sparkurs beim ÖV entsch­ieden ab. Er ist unsin­nig – beson­ders in ein­er Zeit, in der ein Aus­bau für eine Ver­schiebung des Modal­splits hin zum ÖV nötig ist, meint Mar­tin Winder, VCS-Bere­ich­sleit­er Verkehrspoli­tik und Kam­pag­nen: Wenn es Kosteneinsparun­gen braucht, müssen diese vielmehr auf der Strasse und beim Nation­al­strassen- und Agglom­er­a­tions­fonds (NAF) real­isiert wer­den.»

Neue Steuer für E‑Autos

Doch der Bun­desrat set­zt nicht nur auf Spar­mass­nah­men; er sucht auch nach neuen Pfrün­den. So will Bun­desrat Albert Rösti eine neue Abgabe für Elek­troau­tos. Diese wer­den derzeit einzig bei der Ein­fuhr besteuert – die Min­er­alöl­s­teuer ent­fällt aber natür­lich bei den Elek­trischen; eine ver­gle­ich­bare Abgabe wurde bis­lang nicht erhoben.

Unter­dessen gibt es mehr und mitunter auch gün­stige Mod­elle. Der Verkehrsmin­is­ter blickt darum voraus: mit der Elek­tri­fizierung des Fahrzeugbe­stands sinken die Ein­nah­men aus der Min­er­alöl­s­teuer, weil immer weniger Ben­zin und Diesel verkauft wird; der NAF dro­ht auszutrock­nen. Dass die Sub­ven­tion via Steuergeschenke an Besitzende von Elek­troau­tos ein Ende hat, begrüsst Winder: «Elek­troau­tos benutzen die Infra­struk­tur genau gle­ich wie Ver­bren­ner. Eine mod­er­ate ver­brauchsab­hängige Abgabe für E‑Autos ist darum sin­nvoll. Sie muss aber so aus­gestal­tet sein, dass die Elek­tri­fizierung des Strassen­verkehrs nicht aus­ge­bremst wird.»

SBB CFF FFS

Agglomerationsprogramme stärken

In Bezug auf die Agglom­er­a­tionspro­gramme erwartet Winder vom Bun­desrat zusät­zlich eine stärkere Zweck­bindung der Mit­tel für den Aus­bau des ÖV, des Veloverkehrs und der Infra­struk­tur für Fuss­gän­gerin­nen und Fuss­gänger: «Die Agglom­er­a­tionspro­gramme sind ein wirk­sames Mit­tel, doch sind sie unter­dotiert. Aktuell wer­den unge­fähr 11 Prozent des NAF für die Agglom­er­a­tionspro­gramme ver­wen­det – wir fordern 20 Prozent.»

Agglom­er­a­tionspro­gramme böten näm­lich echte Lösun­gen für Mobil­ität­sprob­leme, ergänzt Winder: «Ein gutes Beispiel ist das Tram: In den Stadtzen­tren ist es eine effiziente Alter­na­tive zum Auto. Der Bund beteiligt sich allerd­ings in der Regel nur zu 30 bis 45 Prozent an Tram­pro­jek­ten. Angesichts des Poten­zials von Trams müsste der Bun­de­san­teil auf min­destens 70 Prozent erhöht wer­den.»

Andreas Käser­mann

Die Poli­tik – und ins­beson­dere der Bun­desrat – muss die Notwendigkeit gross­er Investi­tio­nen in den ÖV und in die Agglom­er­a­tionspro­gramme endlich anerken­nen. Die Schweiz­erin­nen und Schweiz­er wollen keine autozen­tri­erte Verkehrspoli­tik – das haben sie im Novem­ber an der Urne deut­lich gemacht. Nun aber angesichts enger Finanzen nur auf den Bun­de­shaushalt zu schie­len und dabei die besseren Verkehrsträger kaputtzus­paren ist keine Poli­tik mit Weit­blick.

Andreas Käser­mann