Jetzt ist Hochsaison für Langfinger
Die Zahl der Einbrüche nimmt zwar in der Schweiz laufend ab, dennoch: das Bundesamt für Statistik berichtete im vergangenen Jahr von 19 410 Einbrüchen in Ein- und Mehrfamilienhäuser. 53-mal wird also täglich irgendwo in der Schweiz ein Einbruch in einen Privathaushalt verübt.
Gerade jetzt im Herbst und Winter ist Einbruchssaison. Die Versicherungen sprechen nach der Umstellung auf Winterzeit von einer Zunahme der Schadensfälle von 20 Prozent. Vor allem der frühen Dämmerung wegen. Denn: Während in Geschäftshäuser vor allem nachts eingebrochen wird, suchen Langfinger Privatwohnungen mit Vorzug tagsüber und am frühen Abend heim. Meist wird beim Eindunkeln eingebrochen, bevor die Bewohner von der Arbeit nach Hause kommen.
Der Schaden kann dabei erheblich sein: comparis hat vor zwei Jahren errechnet, dass pro Einbruch durchschnittlich gut 8500 Franken Schaden entsteht.
Risiko lässt sich senken – jedoch nicht auf 0
Einbrecher wollen nicht gesehen werden und möglichst auch niemandem begegnen. Sie scheuen Aufwand, Lärm und Komplikationen – alles Umstände, welche Aufmerksamkeit erregen könnten. Damit Einbrecher nicht auf frischer Tat ertappt werden soll alles schnell, leise und unauffällig vonstatten, gehen.
Der Grossteil der Einbrüche geschieht denn auch nicht mit schwerem Gerät, sondern mit einfachen Utensilien: etwa einem Schraubenzieher, der in jede Jackentasche passt. Mit dessen Hilfe lassen sich schwach gesicherte Fenster und Türen aufhebeln.
Offensichtliche Einladungen beheben
Die Polizeikorps und die Fachstelle Kriminalprävention empfehlen eine ganze Palette von Massnahmen; es gelte jedoch, die Verhältnismässigkeit zu wahren. Ganz ohne finanziellen Aufwand lassen sich aber bereits erste Massnahmen treffen:
- Kippfenster: Ohne Gewaltanwendung, allenfalls mit einem Quäntchen Geschick lassen sich gekippte Fenster öffnen. Gekippte Fenster gelten auch versicherungstechnisch als offene Fenster, was unter Umständen eine Reduktion bei der Schadensregulierung zur Folge haben kann. Die Polizei empfiehlt überdies, Kippfenster bei Abwesenheit auch im ersten Stock geschlossen zu halten.
- Schlüsseldepot: Auch Einbrecher kennen die gängigen Platzierungen von Schlüsseln und suchen auch mal in Briefkästen, unter Fussmatten oder in Blumentöpfen nach versteckten Schlüsseln. Auch die als künstlicher Stein getarnten Schlüsseldepots sind – je nach Modell – sehr offensichtlich als solche zu erkennen.
- Briefkasten: Ein überfüllter Briefkasten ist ein deutliches Signal, dass niemand zu Hause ist. Die Polizei empfiehlt, bei der Post eine Lieferunterbrechung aufzugeben oder Nachbarn zu bitten, den Briefkasten regelmässig zu leeren.
Ohnehin rät die Schweizerische Kriminalprävention, die gutnachbarschaftlichen Verhältnisse zu pflegen. Auffälligkeiten im Quartier könnten so beizeiten entdeckt werden.
Mehr Sicherheit kostet Geld
Sicherheitsexperten erwähnen überdies Massnahmen, welche je nach Bedarf ins Geld gehen können. Minime Kosten fallen etwa an bei Verwendung von billigen Zeitschaltuhren, welche Präsenz im Haus simulieren können. Die Lichtshow sollte jedoch nicht zu regelmässig sein, damit eine Abwesenheit nicht durchschaut werde. Eine weitere, eher günstige Massnahme ist die Sicherung von Lichtschachtgittern mit einer massiven Verschraubung.
Teurer wird es, wenn etwa eine Videoüberwachung oder eine Alarmanlage installiert oder ein Tresor beschafft werden soll. Bei letzteren empfiehlt die Schweizerische Kriminalprävention übrigens Modelle mit Zahlenschloss. Bei Schlüsseltresoren würden Einbrecher häufig nach dem Schlüssel suchen, die Wohnung so durcheinanderbringen und den gesuchten Schlüssel nicht selten gar finden.
Ebenfalls ins Geld geht die verbesserte Sicherung von Türen und Fenstern. Dabei ist es auch bei alten Türen möglich, diese mit Zusatzschlössern nachzurüsten. Hinsichtlich Fenster empfiehlt die Schweizerische Kriminalprävention abschliessbare Fenstergriffe und verschweisste Gitter, die sich nicht verbiegen lassen.
Die Kehrseite der Medaille
Diese Lösungen sind zwar zweifelsfrei wirksam – einige haben aber auch ungewollte Nebeneffekte: Ein vergittertes Fenster hält Langfinger durchaus ab, ist aber auch kein möglicher Fluchtweg mehr, wenn es brennt. Alarmanlagen holen freilich rasch Hilfe – Fehlalarme werden aber teuer verrechnet. Auch grelle Lampen mit Bewegungsmeldern verscheuchen Diebe, illuminieren aber noch viel häufiger Igel auf der Pirsch, streunende Katzen und wogende Bäume und Sträucher in stürmischen Nächten. All dies hat einen gewissen Nerv-Faktor und eine Güterabwägung ist ratsam.
Auch Videoüberwachungen zeigen nur das, was Betroffene bereits auf anderem Weg erfahren haben: dass eingebrochen wurde. Besonders witzlos – weil sie nicht einmal das schaffen – sind da Kamera-Attrappen. Fachleute raten entsprechend davon ab.
Für die Videoüberwachung gelten zudem recht rigide Vorschriften, welche die Persönlichkeitsrechte schützen sollen. Des Nachbars Garten oder das Trottoir und die Strasse dürfen nicht erfasst werden. Und wer seine Terrasse oder das Wohnzimmer überwacht, muss Gäste informieren, dass das Geschehen aufgezeichnet wird. Diese Informationspflicht gilt ebenso gegenüber Handwerkern, dem Babysitter und der Putzfrau.
Beratung lohnt sich
Die Polizeikorps beschäftigen Sicherheitsfachleute, welche für Beratungen vor Ort zugezogen werden können – da und dort sogar kostenlos. Wer Rat bei privaten Anbietern sucht, sollte sich der wirtschaftlichen Interessen der jeweiligen Firma bewusst sein. Um sich nicht letztlich mit einer übertriebenen Lösung im eigenen «Fort Knox» wiederzufinden, sind Vergleichsofferten ratsam.
Andreas Käsermann