Jedes Mal wenn es eng wurde, sind die Bagger aufgefahren

30. Sep­tem­ber 2023 | Ghost­writ­ing

Rede anlässlich der nationalen Kli­made­mo vom 30. Sep­tem­ber 2023 – geschrieben für VCS-Präsi­dent Rue­di Blumer

«Liebe Aktivistin­nen und liebe Aktivis­ten für den Kli­maschutz, ich muss euch sagen: Ich bin nicht zufrieden. Ja ich bin richtig sauer. Sauer auf die Poli­tik, die nichts für das Kli­ma tut. Sauer auf all die Albert Röstis dieser Welt, welche sich keinen Deut um die Kli­maer­hitzung scheren.

Ich bin sauer, weil seit der let­zten grossen Kli­made­mo vier wertvolle Jahre ins Land gezo­gen sind, ohne dass sich hier im Bun­de­shaus irgen­det­was ern­sthaft bewegt hätte, um die Kli­maer­hitzung zu stop­pen. Im Gegen­teil: Bun­desrat und Par­la­mentsmehrheit wollen das Land mit noch mehr Auto­bah­nen zupflastern. Es sei nötig, um den Verkehr zu bewälti­gen. Mit Ver­laub, Herr Bun­desrat Rösti: Das ist blanker Unsinn und in der Kon­se­quenz ver­ant­wor­tungs­los gegenüber Men­sch, Kli­ma und Umwelt.

Erstens, Herr Rösti: Der motorisierte Indi­vid­ual-Verkehr verur­sacht schon heute fast 40 % des CO2, welch­es in der Schweiz jeden Tag pro­duziert wird. Und da will man aus­gerech­net zusät­zliche Auto­bah­nen bauen, welche das Kli­ma mit noch mehr Verkehr weit­er anheizen?

Zweit­ens: Zusät­zliche Strassen verur­sachen zusät­zlichen Verkehr. Mehr, grössere und bre­it­ere Strassen ziehen noch mehr Autos an. Das ist x‑fach erwiesen. Das wisst ihr alle hier auf dem Bun­de­splatz.

Jedes Mal, wenn es eng wurde auf den Strassen, sind hierzu­lande während Jahrzehn­ten die Bag­ger aufge­fahren. Strassen wur­den ver­bre­it­ert, neue Kapaz­itäten geschaf­fen. So zum Beispiel beim Baregg-Tun­nel. Das hat jew­eils für eine kurze Zeit gewirkt und es gab weniger Staus, bzw. die Staus wur­den an andere Orte ver­schoben. Doch ein paar Jahre später wurde es schon wieder eng. Und was hat man gemacht? Die Bag­ger sind aufge­fahren, Strassen wur­den ver­bre­it­ert, neue Kapaz­itäten geschaf­fen. Gel­ernt hat man nichts aus den Fehlern. Und jet­zt soll die näch­ste Runde dieses Teufel­skreis­es in Angriff genom­men wer­den? Das ist unsin­nig, bescheuert, ver­ant­wor­tungs­los.

Es ist, als ob die Damen und Her­ren da drin­nen im Bun­de­shaus das mit fast 60% deut­liche JA der Stimm­bevölkerung zum Kli­maschutzge­setz im let­zten Juni schon wieder vergessen hät­ten. Als ob ihnen sowohl der Kli­maschutz und eben­so der Volk­swille egal wäre. Anders lässt sich nicht erk­lären, warum der Bun­desrat und das Par­la­ment mehr als 5 Mil­liar­den Franken in noch mehr, noch grössere und noch bre­it­ere Auto­bah­nen ver­lochen wollen.

Doch ich sage Euch, dass wir diesen katas­trophalen, kli­mafeindlichen Fehlentscheid nicht ein­fach so hin­nehmen wer­den. Das Stim­mvolk soll über diesen irrsin­ni­gen Aus­bau entschei­den kön­nen. Der VCS wird darum zusam­men mit Part­nern das Ref­er­en­dum ergreifen. Wir benöti­gen dafür 50’000 gültige Unter­schriften. Das ist keine ein­fache Auf­gabe, aber mit Eur­er Hil­fe wer­den wir es schaf­fen. Schon in weni­gen Tagen geht es los. Bitte helft uns, die Unter­schriften rasch zusam­men zu brin­gen. Scan­nt diesen QR-Code und gebt uns Euer Unter­schriftsver­sprechen – wir hal­ten Euch dann auf dem Laufend­en und informieren Euch, sobald wir mit der Unter­schriften­samm­lung starten kön­nen.

Die Volksab­stim­mung über diesen unsin­ni­gen und teuren Kapaz­ität­saus­bau der Auto­bah­nen ist wichtig für das Kli­ma, für Men­sch und Umwelt. Sie wird die näch­ste grosse Kli­maschutz-Abstim­mung sein. Dies ist unsere Chance, die Stimme zu erheben, unsere Mei­n­ung zu äussern und uns mit aller Kraft für eine nach­haltige, klim­agerechte Zukun­ft einzuset­zen. Wir kön­nen uns keine Rückschritte im Kli­maschutz mehr leis­ten. Wir wollen und müssen diesen fatal­en Teufel­skreis von immer mehr Strassen, immer mehr Verkehr und Umweltzer­störung endlich durch­brechen. Und wir wer­den gewin­nen.

Erneut mehr als 5 Mil­liar­den in den Aus­bau der Auto­bah­nen zu investieren wäre ein fataler Rückschritt. Stattdessen kön­nen und müssen wir in den öffentlichen Verkehr investieren, die Veloin­fra­struk­tur verbessern und den Veloverkehr für All­t­ag und Freizeit fördern. Der Kli­maschutz muss da hin, wo er hinge­hört: an die erste Stelle – kon­se­quent und über­all! Es geht um den Schutz und Erhalt unser­er Lebens­grund­la­gen!

Ich appel­liere mit Nach­druck an Euch alle: unter­stützt dieses Ref­er­en­dum. Unter­schreibt es und helft, Unter­schriften zu sam­meln. Eure Unter­schrift und Euer Nein zum Auto­bah­naus­bau ist drin­gend nötig, ist ein ver­ant­wor­tungsvoller Akt des Engage­ments für unser Kli­ma, für unsere Umwelt, für kom­mende Gen­er­a­tio­nen.

Wir markieren gemein­sam einen entschei­den­den Schritt Rich­tung Verkehr­swende, wir set­zen einen längst über­fäl­li­gen Meilen­stein in der Verkehrspoli­tik und in der Klimapoli­tik. Denn: die bürg­er­liche Mehrheit da drin­nen – im Bun­de­shaus – weigert sich, die Zeichen der Zeit zu anerken­nen und ver­har­rt in der Kli­ma- und land­schafts­feindlichen Verkehrspoli­tik des let­zten Jahrtausends. Darum: Lasst uns gemein­sam Zeichen set­zen: Wir sind bere­it, für den Kli­maschutz zu kämpfen, die Verkehr­swende einzuläuten und Ver­ant­wor­tung zu übernehmen. Wir sam­meln fürs Ref­er­en­dum und wer­den mit einem Nein zum Auto­bah­naus­bau die Abstim­mung gewin­nen.

Her­zlichen Dank für Eure Unter­stützung. Her­zlichen Dank für Eure Bere­itschaft, Euch für den Kli­maschutz und gegen zusät­zliche Auto­bah­nen zu engagieren. Gemein­sam schaf­fen wir die Verkehr­swende! Ich danke euch!»

Der Rede­text wurde für VCS-Präsi­dent Rue­di Blumer ver­fasst.
Das Refer­at wurde an der nationalen Kli­made­mo vom 30. Sep­tem­ber 2023 in Bern gehal­ten.