Ewige Altlast Asbest

14. Feb­ru­ar 2019 | casanos­tra

Eternitwand© Manuel Neiberger/pixelio.de

Seit 1990 ist Asbest hierzu­lande ver­boten. Wed­er dür­fen Asbest-Pro­duk­te verkauft wer­den, noch dür­fen sei­ther asbesthaltige Bauteile einge­set­zt wer­den. Den­noch: Der Asbest­boom der zweit­en Hälfte des 20. Jahrhun­derts rächt sich heute mehr denn je.

aus casanos­tra 149

© Casafair Schweiz

Der Begriff Asbest entstammt dem Lateinis­chen, war aber ursprünglich vom alt­griechis­chen ásbestos abgeleit­et, was etwa unaus­löschlich oder unz­er­stör­bar bedeutet. Dieser Ewigkeit­sanspruch trifft es gar nicht mal schlecht. Asbest war lange Zeit als her­vor­ra­gende Min­er­al­fas­er geschätzt: Wed­er Säure noch Feuer kön­nen ihr etwas anhab­en – sie isoliert, ist äusserst zugfest und elastisch. Darüber hin­aus war Asbest vor allem auch bil­lig – beste Voraus­set­zun­gen für eine grosse Nach­frage.

Erst in den 1970er-Jahren wurde die gesund­heits­ge­fährdende Wirkung des Asbest­faser­staubes offiziell anerkan­nt. Die Fasern haben die Eigen­schaft, sich in der Längsrich­tung aufzus­pal­ten. Dabei entste­hen kle­in­ste Fasern mikroskopis­ch­er Grösse, welche eingeat­met wer­den und pfeil­gle­ich in der Lunge steck­en bleiben. Die Folge kann Kehlkopf- oder Lun­genkrebs sein. Gemäss Bun­de­samt für Gesund­heit erkranken jedes Jahr rund 120 Per­so­n­en schw­er, weil sie eine kreb­ser­re­gende Menge an Asbest­fasern eingeat­met haben.

Omnipräsent trotz Verbot

Aus diesem Grund wurde Asbest 1990 ver­boten – als Alt­last bleibt der Baustoff jedoch bis heute erhal­ten. Und beschäftigt vor allem sanierungs- und ren­o­va­tion­swillige Besitzerin­nen und Besitzer von Liegen­schaften, welche vor diesem Stich­jahr gebaut wur­den. «Zwar ist Asbest inzwis­chen ver­boten, den­noch ist es nach wie vor in sehr vie­len Gebäu­den mit Bau­jahr vor 1990 ver­baut. Viele Eigen­heimbe­sitzer wis­sen nicht um die Gefahr, die in ihrem Zuhause ruht», weiss Hausvere­ins-Bera­terin Mar­i­anne Stäh­ler. Ins­beson­dere auch, weil Asbest noch viel häu­figer einge­set­zt wurde als gemein­hin bekan­nt. «Es gibt weit über 3000 Anwen­dun­gen, bei welchen Asbest zum Tra­gen kam. Fen­sterkitt, Elek­trotableaus, Schalldäm­mungen, Iso­la­tion­splat­ten – sog­ar beim Plät­t­lik­le­ber, ent­lang Rohrleitun­gen und beim Fas­saden­putz wurde oft Asbest ver­wen­det.»

Dies wird nun mehr und mehr zum Bumerang, sind es doch just die Gebäude dieser Jahrgänge, welche nun sanierungs­bedürftig wer­den. Zwar ist Asbest bedenken­los, solange es in Bau­ma­te­ri­alen fest gebun­den ist. Wer­den jedoch bei Umbau‑, Unter­halt­sund Ren­o­va­tion­sar­beit­en Asbest­fasern freige­set­zt, wird es gefährlich: «Hau­seigen­tümerin­nen und Hau­seigen­tümer kom­men nicht umhin, vor ein­er Ren­o­va­tion oder Sanierung genaue Abklärun­gen zu tre­f­fen. Tun sie es nicht, dro­hen Über­raschun­gen.»

© Jan Tornack/pixelio.de

Tat­säch­lich wird die Erneuerung ein­er Liegen­schaft haarig, wenn während der Arbeit­en Asbest- Alt­las­ten zum Vorschein kom­men. Deren fachgerechte Ent­fer­nung und Entsorgung muss von erfahre­nen und spezial­isierten Fach­leuten durchge­führt wer­den. Das kann den Zeit­plan verzögern, zumal die betrof­fe­nen Baustoffe höchst sorgfältig ent­fer­nt wer­den müssen, um den schädlichen Asbest­staub zu ver­hin­dern. Die Rück­bauar­beit­en sowie die kor­rek­te Asbestentsorgung gehen zudem nicht sel­ten richtig ins Geld.

Arbeit­en an schwachge­bun­de­nen Asbest­pro­duk­ten wie Rohriso­la­tio­nen sind beson­ders gefährlich. Schon bei geringer Ein­wirkung lösen sich die Asbest­fasern aus dem Ver­bund und führen zu hohen Faserkonzen­tra­tio­nen in der Luft. Jedoch gibt es auch bei fest­ge­bun­de­nen Asbest­pro­duk­ten (etwa Dich­tun­gen, Zementver­bund­plat­ten oder Blu­menkisten) Gefahren: ins­beson­dere, wenn diese bei deren Ent­fer­nung beschädigt wer­den, beim Fräsen, Bohren oder Schnei­den. Ger­ade wenn ein Mal­heur passiert oder wenn Bastler unbe­darft ans Werk gehen, kön­nen unwissentlich hohe Asbestkonzen­tra­tio­nen entste­hen.

Gesellschaftliche Verantwortung

Eine geset­zliche Pflicht, asbest­be­lastete Liegen­schaften zu sanieren, beste­ht in der Schweiz nicht. Jedoch gibt es gemäss Forum Asbest Schweiz eine Meldepflicht für Asbest­sanierun­gen bere­its ab kleinen Flächen. Dem­nach müssen beauf­tragte Handw­erk­er und Unternehmen gemäss Suva sich­er­stellen, dass die Arbeit­er nicht einem Asbest-Risiko aus­ge­set­zt sind. Klarheit und Sicher­heit bringt eine vorgängige Prü­fung anhand von Mate­ri­al­proben. Ein solch­er Check kostet im Nor­mal­fall zwis­chen 800 und 1200 Franken.

Hau­seigen­tümerin­nen und Hau­seigen­tümer stün­den jedoch auch jen­seits der geset­zlichen Vorschriften in der Ver­ant­wor­tung, meint Mar­i­anne Stäh­ler: «Beson­ders Mieterin­nen und Mieter müssen sich darauf ver­lassen kön­nen, dass sie in ein­er gesun­den Umge­bung leben. Und bei ein­er Sanierung ist es für mich als Eigen­tümerin Pflicht, die Gesund­heit der beauf­tragten Handw­erk­er zu schützen.»

Eine genaue Unter­suchung des Sanierung­sob­jek­tes sorgt für Klarheit und schützt vor bösen Über­raschun­gen und Gefahren. Im Kan­ton Zürich ist die Prü­fung auf Schad­stoffe seit kurzem gar oblig­a­torisch. Die öffentliche Hand betreibt Fach­stellen, welche bei Fra­gen im Zusam­men­hang mit Asbest weit­er­helfen.

Andreas Käser­mann