
Es gibt keinen Plan B
Das neue CO2-Gesetz macht endlich mehr Tempo beim Klimaschutz. Die Treibhausgas-Emissionen der Schweiz sollen deutlich gesenkt werden. Doch rückwärtsgerichtete Kräfte widersetzen sich. Am 13. Juni entscheidet das Stimmvolk.
Das von SVP-Köpfen angeführte Referendumskomitee gegen das CO2-Gesetz liest sich wie ein Who’s Who der fossilen Wirtschaft: der Automobil Club der Schweiz ACS, Swissoil, die Auto-Importeure, die Händler und das Autogewerbe, der Nutzfahrzeugverband ASTAG, aber auch der Berufsverband der Kaminfeger. Sie alle wehren sich gegen das Gesetz und – nicht zuletzt wohl – für ihre Pfründe. Auf der Gegenseite wird sich neben dem VCS eine breite Allianz aus Umweltverbänden für ein deutliches Ja engagieren.
Bereits die Eidgenössischen Räte haben jahrelang um die Ausgestaltung des CO2-Gesetzes gerungen und letzten Herbst endlich einen mehrheitsfähigen Kompromiss gefunden und verabschiedet. Zur Räson kam man allerdings erst, als die klimapolitische Uhr auf fünf vor zwölf stand. Widerstand gab’s praktisch nur vonseiten der SVP, die flugs ihr Referendum androhte und dieses letztlich auch mit nunmehr bekannter Beihilfe und (finanzkräftiger) Unterstützung ergriff.

Klimapolitischer Scherbenhaufen droht
Doch das Referendum ist doppelt gefährlich: Mündet die Abstimmung in einem Nein, wird nicht nur der breit ausgehandelte Kompromiss ohne Alternative versenkt, Ende 2021 wird überdies auch die verlängerte Gültigkeit des bisherigen CO2-Gesetzes auslaufen. Die Folge wäre ein klimapolitischer Scherbenhaufen, welcher den Referendumsführern durchaus in die Hände spielen würde.
Erschwerend kommt hinzu, dass bereits zu diesem frühen Zeitpunkt klar wird: Mit der Wahrheit hat es die CO2-Gesetz-Gegnerschaft nicht so. Da werden Horrorszenarien gezeichnet, wonach Unternehmen in den Ruin und Familien in den finanziellen Abgrund getrieben würden. Die ausgeklügelte Lenkungsabgabe auf Flugtickets – welche zum grössten Teil an die Bevölkerung zurückfliesst – wird als fiese Steuer gebrandmarkt. Freilich im Wissen, dass dem nicht so ist; aber auch im Wissen, dass sich mit Lügen recht einfach Kampagne machen lässt.
Aufklärung wird nötig sein
Entsprechend lesen Interessierte kein Wort darüber, wie die Gegner auf die Tausenden Franken Zusatzbelastung für Schweizer Haushalte kommen – es ist anzunehmen, dass die Zahlen schlicht und ergreifend erfunden wurden. Auch der häufig ins Feld geführte Vergleich der Schweiz mit anderen Ländern hinkt. Fatal, wenn alle Staaten auf andere Länder schielen und darum auf Klimaschutzmassnahmen verzichten. Immerhin: Mit dem neuen US-Präsidenten Joe Biden ist absehbar, dass die Vereinigten Staaten zum Pariser Klimaabkommen zurückkehren – sicher eine Entwicklung mit Signalwirkung.
Die Entgegnung und Richtigstellung dieser Fehlbotschaften wird letztlich eine Fleissaufgabe der Befürworterinnen und Befürworter des CO2-Gesetzes sein. Das gehört zum Alltag des Kampagnengeschäfts. Das ungleich schwieriger zu lösende Problem steht dem VCS und den Partnerverbänden innerhalb der Klimaallianz jedoch ob der mutmasslich reich gefüllten Kampfkasse des Referendumskomitees bevor. Fast unmöglich, die finanzielle Potenz der einschlägigen Verbände im Nein-Lager zu überschätzen.
Andreas Käsermann