Ein wichtiger Etappensieg
Die Stimmenden haben das Klimaschutz-Gesetz am 18. Juni deutlich gutgeheissen. Das lässt durchaus hoffen. Der Volksentscheid ist allerdings nicht mehr als eine Wegmarke auf einer langen Route. Die Umsetzung steht noch bevor.
Der Jubel war gross an diesem Abstimmungssonntag im Juni: das unselige SVP-Referendum gegen das Klimaschutz-Gesetz war gebodigt. Die Schweiz will also doch etwas gegen die Klimaerhitzung tun. Und das ist gut. Indes: Was genau die Schweiz tun will, das ist derzeit noch weitgehend offen. Das Gesetz definiert das Ziel der Klimaneutralität bis 2050, bleibt derweil aber auf dem Weg dorthin betont vage.
Immerhin sind Absenkpfade und Zwischenziele definiert und es werden Pfründe genannt, welche vor allem Wohneigentümerinnen und ‑eigentümer motivieren sollen, etwa bei der Heizungserneuerung ans Klima zu denken. Hinsichtlich Verkehrsmassnahmen schweigt sich aber das Klimaschutz-Gesetz aus. Obwohl gerade der Mobilitätsbereich Ursache für die Hälfte der helvetisch produzierten Treibhausgase ist.
Nun wird es ernst
Klar ist somit: Es braucht weitergehende Massnahmen zur Erreichung des Klimaziels. Solche werden in anderen Gesetzen geregelt. Das Volksverdikt vom 18. Juni muss sich darum insbesondere in der Debatte um das CO₂-Gesetz widerspiegeln – diese läuft im Bundeshaus gerade an. Das Ziel ist klar, die Aufgabe, eine gute Lösung zu finden, aber nicht trivial: Den eidgenössischen Räten wartet ein Ritt auf der Rasierklinge.
ParlamentsdiensteAm klaren Ja zum Klimaschutz-Gesetz lasse sich jedoch anknüpfen, meint VCSVorstandsmitglied Michael Töngi, der als Grünen-Nationalrat in der Verkehrskommission Einsitz hat. Auch wenn er ab und an eine gewisse Diskrepanz zwischen Stimmverhalten und eigenem Tun verortet: «Die Frage ist, wie weit unsere Gesellschaft nicht nur vom Postmaterialismus spricht, sondern ihn vermehrt auch lebt. Das zeigt sich im Politischen mit dem Ausbau der Autobahnen wie im Privaten mit dem Verbrauch von Konsumgütern, immer schwereren Autos und weltweiten Kurztrips.» Der Gesellschaft stünden schwierige Diskussionen über notwendige Handlungsfelder bevor.
Masterplan jetzt umsetzen
Klimawirksame Ideen hat der VCS bereits vor zwei Jahren im «Masterplan fossilfreier Verkehr» aufgrund einer Mobilitätsstudie formuliert. Deren Haupterkenntnis: Das Netto-Null-Ziel kann nur erreicht werden, wenn der Verkehr weitestgehend oder ganz fossilfrei wird. Ohne Massnahmen beim Flugverkehr und beim Treibstoffverbrauch – etwa mittels einer CO2-Abgabe – kann die Schweiz ihre Klimaziele nicht erreichen.
ruediblumer.ch«Weiter braucht es ein Importverbot für Personenwagen mit Verbrennungsmotor », meint VCS-Präsident Ruedi Blumer. Ein solcher Importstopp müsste vorzugsweise ab 2030 gelten. Als weitere notwendige Massnahme sieht Blumer den Verzicht auf Kapazitätsausbauten der Autobahnen. Ferner schlägt er eine Energieverbrauchsabgabe für Motorfahrzeuge vor.
Auch Carpooling-Modelle, flexible Arbeitszeiten und Home-Office seien zielführende Konzepte. Überdies: «Unternehmungen und Verwaltungen müssen Mobilitätskonzepte erarbeiten und umsetzen, die keine Gratisparkplätze für Mitarbeitende mehr vorsehen. Stattdessen braucht es Firmenvelos, E‑Bikes und Cargobikes oder auch Gutscheine für den ÖV.»
Andreas Käsermann