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Ein Nein mit Alternativen

Die Ablehnung des Aus­baus der Auto­bah­nen eröffnet andere und bessere Möglichkeit­en. In Bun­des­bern schlum­mern näm­lich aus­gereifte verkehrspoli­tis­che Alter­na­tiv­en, denen man viel zu lange viel zu wenig Beach­tung geschenkt hat. Jet­zt ist Gele­gen­heit zum Nach- und Umdenken.

aus VCS-Mag­a­zin 1/2025

VCS Schweiz

Die Auto­bahn-Befür­wor­tenden wirk­ten an jen­em Abend des Abstim­mungsson­ntags im Novem­ber ziem­lich rat­los. In den lan­gen Gesichtern spiegel­ten sich die Frageze­ichen förm­lich. Wie weit­er? Aus ihrer Sicht war der Auto­bahn-Aus­bau alter­na­tiv­los – vor der Abstim­mung einen Plan B auszuheck­en, schien ihnen unnötig. Dabei gibt es der Konzepte einige; bloss wur­den diese teil­weise jahre­lang von densel­ben ver­schleppt, die nun kon­stern­iert und konzept­los in die Runde blick­ten.

Bahn statt Autobahn

Die offen­sichtlich­ste Vari­ante ist fra­g­los die Bahn. Während das Sys­tem Strasse störungsan­fäl­lig und darum stauge­fährdet ist, ist das zügige Vor­wärt­skom­men auf der Schiene prak­tisch immer garantiert. Entsprechend muss auch investiert wer­den, find­et VCS-Geschäfts­führerin Stéphanie Pen­her: «Unbe­strit­ten: Bahn-Investi­tio­nen sind auch teuer. Aber sie sind wesentlich nach­haltiger und – auch angesichts der Kli­makrise – die bessere Lösung. Überdies hil­ft eine Steigerung der Bahn-Kapaz­itäten, die Strassen zu ent­las­ten, damit diese frei sind für jene, die sie wirk­lich benöti­gen.»

Andere Konzepte liegen auch ein­fach nur brach. Ein Beispiel ist «Mobil­i­ty Pric­ing». Der Bun­desrat hat die Grund­la­gen für Ver­suchs­be­triebe vor nun­mehr vier Jahren geschaf­fen. Passiert ist nichts. Nir­gend­wo wurde «Mobil­i­ty Pric­ing» probe­hal­ber instal­liert, moniert Pen­her: «Das Konzept vergam­melt irgend­wo in den Schubladen der Ver­wal­tun­gen. Dabei ist ‹Mobil­i­ty Pric­ing› ein Instru­ment, das der Steuerung des Verkehrs dienen kann und überdies das Verur­sacher­prinzip hochhält.»

Rain­er Sturm/pixelio.de

Verkehr verbessern

Wo der Strassen­verkehr nicht ver­lagert wer­den kann, sollte er zumin­d­est verbessert wer­den. Als Bindeglied zwis­chen Ver­lagerung und Verbesserung funk­tion­iert das Pro­gramm «Mobil­ität und Raum 2050» des Bun­de­samts für Rau­men­twick­lung. Es gibt den Rah­men für die langfristige Entwick­lung des schweiz­erischen Verkehrssys­tems vor und nimmt dabei Rück­sicht auf raum­planer­ische und Umweltaspek­te. «Das Pro­gramm set­zt ins­beson­dere auf das Sys­tem der Verkehrs­drehscheiben», sagt Pen­her. An diesen tre­ffe ver­schiedene Verkehrsmit­tel zusam­men und kön­nen ide­al verknüpft wer­den. «Ob Shar­ing-Auto oder ‑Velo, Zug, Tram oder Bus – das Sys­tem fördert die Nutzung des jew­eils geeignet­sten Verkehrsmit­tels.» Damit wird zwar kein gefahren­er Kilo­me­ter einges­part – aber immer­hin opti­miert.

Umsetzen statt lamentieren

Die Ideen für eine zeit­gemässe und zukun­ft­staugliche Verkehrs­pla­nung lägen also auf dem Tisch. Man bräuchte sie nur noch zu real­isieren. Das Nein zum Aus­bau der Auto­bah­nen kann Startschuss für eine neue Denkweise sein. Allem Anschein nach ist man im Verkehrs­de­parte­ment nun gewil­lt, diesen Weg zu gehen. Verkehrsmin­is­ter Rösti sieht vor, die Bahn und die Strasse und die Agglom­er­a­tionspro­jek­te gemein­sam mit einem ETH-Experten und zusam­men mit den wichtig­sten Stake­hold­ern zu denken und zu pla­nen – mit dabei: der VCS mit der Posi­tion gegen Mehrverkehr und für mehr Kli­maschutz.

Bundeskanzlei/Béatrice Devènes

Freilich lässt sich Rösti in der Auto­bah­n­frage eine Hin­tertüre offen: Sein­er Mei­n­ung nach haben die Stim­menden im Novem­ber näm­lich bloss ein über­ladenes Fud­er abgelehnt. Das kön­nte über­set­zt heis­sen, dass man es in kleinen Por­tio­nen noch ein­mal ver­suchen kön­nte. Pen­her kann sich sog­ar ein «Bue­be­t­rick­li» vorstellen, welch­es der Verkehrsmin­is­ter erson­nen hat: «Es ist denkbar, dass Verkehrspro­jek­te verknüpft wer­den. So kön­nte der Bund Geld für ein Tram lock­er­ma­chen, sofern gle­ichzeit­ig der Wider­stand gegen einen Auto­bahn-Aus­bau gebrochen ist. Das wäre dann allerd­ings höchst undemokratisch. In dieser Hin­sicht müssen wir wach­sam bleiben.»

Andreas Käser­mann