Der Länggasse geht ein neues Licht auf

10. Juni 2016 | Läng­gass­blatt

Lichtmonteur© zvg

Seit eini­gen Wochen ist der Umbau der Bern­er Strassen­beleuch­tung hin zum stroms­paren­den und effizien­ten Licht vol­len­det. Das Grosspro­jekt von Energie Wass­er Bern begann vor rund sechs Jahren. In dieser Zeit wur­den allein im Läng­gassquarti­er 1’160 strom­fressende durch energies­parende Strassen­lam­p­en erset­zt.

aus Läng­gass­blatt 239

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Der Schritt war nötig: Seit April 2015 gel­ten in der Schweiz für die öffentliche Beleuch­tung neue Anforderun­gen. Das bedeutete unter anderem das Aus der alten und effizien­zschwachen Queck­sil­ber­dampflam­p­en, die in der Öffentlichkeit vornehm­lich einge­set­zt wer­den, die aber seit gut einem Jahr nicht mehr verkauft wer­den dür­fen. Diese Lam­p­en waren auch in Bern während Jahrzehn­ten der Stan­dard. Ihre Tech­nolo­gie kam jedoch arg in die Jahre: Seit der Mark­te­in­führung in den 1930ern wurde sie kaum verbessert. Die Tage der ver­al­teten Leucht­en sind nun gezählt – ähn­lich wie jene der klas­sis­chen Glüh­birne im Haushalt, die bere­its vor eini­gen Jahren aus dem Verkehr gezo­gen wurde.

Länggasse ist à jour

Stroms­parende Alter­na­tiv­en gibt es längst im Bere­ich der öffentlichen Beleuch­tung, wie Raphaël Wyss, Medi­en­sprech­er von Energie Wass­er Bern (ewb) erk­lärt: «Die bish­eri­gen Queck­sil­ber­dampfleucht­en mit 125 Watt Leis­tung wur­den in der Läng­gasse durch Met­all­dampflam­p­en mit 60 Watt erset­zt. Diese ver­brauchen somit über 50 Prozent weniger Energie. Unter­dessen wer­den LED-Leucht­en mit ger­ade noch 30 Watt ver­baut.» Selb­st wenn also eine alte Nos­tal­gieleuchte durch zwei mod­erne LED-Lam­p­en erset­zt wird, macht die Ver­brauch­serspar­nis mehr als die Hälfte aus.

In Bern hat das Umbaupro­jekt hin zu ein­er effizien­ten Strassen­beleuch­tung 2010 begonnen. Gemäss ewb war dies der erste gross angelegte Umbau seit der Elek­tri­fizierung der öffentlichen Beleuch­tung. Kür­zlich wurde nun in den let­zten weniger verkehrsre­ichen Seit­en­strassen die alten Lam­p­en abmon­tiert und mit sparsamen LED-Leucht­en erset­zt. Damit ist das Grosspro­jekt abgeschlossen und die gesamte öffentliche Beleuch­tung der Stadt auf Energies­parkurs, wie Raphaël Wyss bestätigt: Ins­ge­samt 5‘800 Lam­p­en seien erset­zt wor­den. Die weit­eren rund 12’500 Strassen­lam­p­en auf Stadt­ge­bi­et mussten nicht aus­ge­tauscht wer­den, da diese den stren­geren Anforderun­gen genü­gen.

Enormes Sparpotential

Der Stromver­brauch der öffentlichen Beleuch­tung macht zwar nur 1.5 Prozent des gesamten Elek­triz­itätsver­brauchs aus; den­noch ver­bren­nen Strassen­beleuch­tun­gen in der gesamten Schweiz rund eine Mil­liarde Kilo­wattstun­den Strom pro Jahr. Dies entspricht einem guten Drit­tel der durch­schnit­tlichen Jahre­spro­duk­tion des AKW Müh­le­berg.

Dieser Ver­brauch kostete die öffentliche Hand gemäss der Schweiz­er Agen­tur für Energieef­fizienz SAFE bis­lang lan­desweit 150 Mil­lio­nen Franken pro Jahr. Die SAFE geht davon aus, dass durch den Wech­sel zu effizien­teren Alter­na­tiv­en 50 Mil­lio­nen Franken einges­part wer­den. Die schweizweite Stromerspar­nis entspricht damit unge­fähr dem Ver­brauch von 75’000 Vier­per­so­n­en-Haushal­ten.

Dass in Bern nicht seit Beginn des Strassen­lam­p­en­er­satzes auf LED geset­zt wurde und vielerorts – beson­ders auch in der Läng­gasse – noch Met­all­dampflam­p­en einge­set­zt wer­den, hat gemäss Wyss einen ein­fachen Grund: «Die LED-Tech­nolo­gie kon­nte zu Beginn des Jahrzehnts, als der Umbau der Beleuch­tung in der Läng­gasse in Angriff genom­men wurde, noch nicht ganz mithal­ten und war zudem noch sehr viel teur­er als heute.» Man hätte sich bei einem sofor­ti­gen Ein­stieg auf LED auch die Chance ver­baut, von der raschen Entwick­lung der Tech­nolo­gie zu prof­i­tieren. «In den let­zten Jahren wur­den enorme Fortschritte gemacht. Seit Anfang 2013 set­zt ewb bei den Quartier­lam­p­en nun auf LED und kann so den Stromver­brauch weit­er senken.»

Erspar­nisse brin­gen zudem die zahlre­ichen verkehrs­beruhigten Zonen: Bei Tem­po 30 ist weniger Lichtleis­tung nötig, als auf ein­er Haup­tachse wie etwa der Läng­gassstrasse. Exak­te Zahlen zum Ver­brauch in den einzel­nen Quartieren liegen nicht vor. Wyss schätzt die Erspar­nis im Läng­gassquarti­er auf­grund der instal­lierten Lam­p­en jedoch auf rund 60 Kilo­watt, etwa so viel wie 10’000 LED-Lam­p­en im Haushalt ver­brauchen wür­den.

Sicherheit verbessert

Optisch zeich­nen sich die neuen Lam­p­en durch eine bessere Wirkung aus: Sie leucht­en Strassen, Trot­toirs und Gehwege geziel­ter und regelmäs­siger aus, was die Sicher­heit aller Verkehrsteil­nehmer erhöhe, heisst es bei ewb. «Zudem wird um Mit­ter­nacht nicht mehr jede zweite Leuchte abgeschal­tet, son­dern die Leis­tung jed­er einzel­nen Lampe reduziert.» Damit gibt es weniger fin­stere Stellen, was auch zu einem besseren Sicher­heit­sempfind­en führt.

Ein weit­er­er Vorteil liegt in der Lan­glebigkeit. Während die alten Lam­p­en bei einem Betrieb von rund 4’200 Stun­den pro Jahr erfahrungs­gemäss nach rund drei Jahren den Geist auf­gaben, hal­ten die Met­all­dampflam­p­en in der Läng­gasse etwa vier Jahre; LED-Beleuch­tung ist – min­destens gemäss Ver­sprechen der Her­steller – gar noch lan­glebiger. Ins­ge­samt rech­net man beim ewb den­noch nicht mit merk­lich sink­enden Wartungskosten: die neuen Lam­p­en ver­schmutzen eben­so schnell wie die alten und müssen regelmäs­sig gere­inigt und kon­trol­liert wer­den.

Auch in Sachen Lichtver­schmutzung – die den Tag-Nacht-Rhyth­mus von Flo­ra und Fau­na beein­trächtigt – haben die neuen Leucht­mit­tel Vorteile. Ins­beson­dere dort, wo alte Lam­p­en­mas­ten mit mod­er­nen Aus­führun­gen erset­zt wer­den. Diese konzen­tri­eren ihre Leuchtkraft auf den gewün­scht­en Bere­ich, sagt Raphaël Wyss: «Durch die Reflek­toren in den Leucht­en, wird das Licht dor­thin gelenkt, wo es benötigt wird. Eine gezielte und gut abges­timmte Strassen­beleuch­tung ver­hin­dert uner­wün­scht­es Streulicht und reduziert so die Lichtver­schmutzung. Aus dieser Sicht kon­nte eine Verbesserung erzielt wer­den.»

Weniger Sondermüll – mehr Elektroschrott

Indes: 100% ökol­o­gisch sind auch die neuen Lam­p­en nicht, weiss Raphaël Wyss: «Met­all­dampflam­p­en ver­brauchen zwar weniger Energie, enthal­ten aber auch mehr Elek­tron­ik, die let­z­tendlich als Elek­troschrott entsorgt wer­den muss.» Allerd­ings falle die Entsorgung durchge­bran­nter Lam­p­en als Son­der­ab­fall – auf­grund des Queck­sil­berge­halts – kün­ftig weg.

Mit dem Umbau der Beleuch­tung kommt jedoch auch ein neues Licht: Die LED-Lam­p­en leucht­en bläulich kühl. Anwohner­in­nen und Anwohn­er scheinen jedoch das frühere, warme Licht nicht zu ver­mis­sen: Bei EWB sei keine entsprechende Kri­tik einge­gan­gen.

Noch mehr Energie liesse sich freilich sparen, wenn die Spar­leuchte mit­tels eines Solarpan­els den eige­nen Strom gle­ich sel­ber pro­duzieren würde. Solche Lam­p­en sind zwar erhältlich, wären aber in Bern vorder­hand kein The­ma, sagt Raphaël Wyss: «Die Investi­tion­skosten sind für Solar­lam­p­en viel höher als für kon­ven­tionelle. Kommt hinzu, dass sie viel graue Energie für Her­stel­lung und Entsorgung von Akkus und Solarpan­els ver­brauchen.» Ein Ein­satz sei deshalb nur sin­nvoll, wenn keine Net­zleitun­gen im Boden vorhan­den seien. In der Stadt Bern wür­den Solar­leucht­en bis­lang einzig beim Bären­park einge­set­zt.

Tiefbauamt des Kantons ausgezeichnet

Auch auf Bern­er Kan­ton­sstrassen wird gehörig Energie ges­part. Mit dem Konzept «Licht nach Bedarf» hat das Tief­bauamt des Kan­tons Bern gar eine Ausze­ich­nung im Rah­men des «Prix Excel­lence» der Schweiz­erischen Gesellschaft für Ver­wal­tungswis­senschaften gewon­nen.

Die Bern­er Idee: Strassen­lam­p­en machen genau dort und nur dann Licht, wenn es wirk­lich gebraucht wird. Sind keine Strassen­be­nutzer unter­wegs, sorgt eine stark gedrosselte Beleuch­tung für die nötige Sicher­heit. Meldet der Sen­sor Bewe­gung auf der Strasse, dreht jede einzelne Lampe auf, um nach kurz­er Zeit wieder in den Spar­modus zu dim­men. Das Sys­tem erken­nt sowohl Autos und Fahrräder wie auch Fuss­gänger. Fern­er kom­mu­nizieren die einzel­nen Lam­p­en miteinan­der und informieren die jew­eils näch­ste Strassen­lampe über nahen­den Lichtbe­darf.

Gemäss kan­tonalem Tief­bauamt wür­den mit diesem Konzept durch­schnit­tlich 85 Prozent der Energie und über 90 Prozent der Kosten einges­part.

Andreas Käser­mann