Seit einigen Wochen ist der Umbau der Berner Strassenbeleuchtung hin zum stromsparenden und effizienten Licht vollendet. Das Grossprojekt von Energie Wasser Bern begann vor rund sechs Jahren. In dieser Zeit wurden allein im Länggassquartier 1’160 stromfressende durch energiesparende Strassenlampen ersetzt.
Der Schritt war nötig: Seit April 2015 gelten in der Schweiz für die öffentliche Beleuchtung neue Anforderungen. Das bedeutete unter anderem das Aus der alten und effizienzschwachen Quecksilberdampflampen, die in der Öffentlichkeit vornehmlich eingesetzt werden, die aber seit gut einem Jahr nicht mehr verkauft werden dürfen. Diese Lampen waren auch in Bern während Jahrzehnten der Standard. Ihre Technologie kam jedoch arg in die Jahre: Seit der Markteinführung in den 1930ern wurde sie kaum verbessert. Die Tage der veralteten Leuchten sind nun gezählt – ähnlich wie jene der klassischen Glühbirne im Haushalt, die bereits vor einigen Jahren aus dem Verkehr gezogen wurde.
Länggasse ist à jour
Stromsparende Alternativen gibt es längst im Bereich der öffentlichen Beleuchtung, wie Raphaël Wyss, Mediensprecher von Energie Wasser Bern (ewb) erklärt: «Die bisherigen Quecksilberdampfleuchten mit 125 Watt Leistung wurden in der Länggasse durch Metalldampflampen mit 60 Watt ersetzt. Diese verbrauchen somit über 50 Prozent weniger Energie. Unterdessen werden LED-Leuchten mit gerade noch 30 Watt verbaut.» Selbst wenn also eine alte Nostalgieleuchte durch zwei moderne LED-Lampen ersetzt wird, macht die Verbrauchsersparnis mehr als die Hälfte aus.
In Bern hat das Umbauprojekt hin zu einer effizienten Strassenbeleuchtung 2010 begonnen. Gemäss ewb war dies der erste gross angelegte Umbau seit der Elektrifizierung der öffentlichen Beleuchtung. Kürzlich wurde nun in den letzten weniger verkehrsreichen Seitenstrassen die alten Lampen abmontiert und mit sparsamen LED-Leuchten ersetzt. Damit ist das Grossprojekt abgeschlossen und die gesamte öffentliche Beleuchtung der Stadt auf Energiesparkurs, wie Raphaël Wyss bestätigt: Insgesamt 5‘800 Lampen seien ersetzt worden. Die weiteren rund 12’500 Strassenlampen auf Stadtgebiet mussten nicht ausgetauscht werden, da diese den strengeren Anforderungen genügen.
Enormes Sparpotential
Der Stromverbrauch der öffentlichen Beleuchtung macht zwar nur 1.5 Prozent des gesamten Elektrizitätsverbrauchs aus; dennoch verbrennen Strassenbeleuchtungen in der gesamten Schweiz rund eine Milliarde Kilowattstunden Strom pro Jahr. Dies entspricht einem guten Drittel der durchschnittlichen Jahresproduktion des AKW Mühleberg.
Dieser Verbrauch kostete die öffentliche Hand gemäss der Schweizer Agentur für Energieeffizienz SAFE bislang landesweit 150 Millionen Franken pro Jahr. Die SAFE geht davon aus, dass durch den Wechsel zu effizienteren Alternativen 50 Millionen Franken eingespart werden. Die schweizweite Stromersparnis entspricht damit ungefähr dem Verbrauch von 75’000 Vierpersonen-Haushalten.
Dass in Bern nicht seit Beginn des Strassenlampenersatzes auf LED gesetzt wurde und vielerorts – besonders auch in der Länggasse – noch Metalldampflampen eingesetzt werden, hat gemäss Wyss einen einfachen Grund: «Die LED-Technologie konnte zu Beginn des Jahrzehnts, als der Umbau der Beleuchtung in der Länggasse in Angriff genommen wurde, noch nicht ganz mithalten und war zudem noch sehr viel teurer als heute.» Man hätte sich bei einem sofortigen Einstieg auf LED auch die Chance verbaut, von der raschen Entwicklung der Technologie zu profitieren. «In den letzten Jahren wurden enorme Fortschritte gemacht. Seit Anfang 2013 setzt ewb bei den Quartierlampen nun auf LED und kann so den Stromverbrauch weiter senken.»
Ersparnisse bringen zudem die zahlreichen verkehrsberuhigten Zonen: Bei Tempo 30 ist weniger Lichtleistung nötig, als auf einer Hauptachse wie etwa der Länggassstrasse. Exakte Zahlen zum Verbrauch in den einzelnen Quartieren liegen nicht vor. Wyss schätzt die Ersparnis im Länggassquartier aufgrund der installierten Lampen jedoch auf rund 60 Kilowatt, etwa so viel wie 10’000 LED-Lampen im Haushalt verbrauchen würden.
Sicherheit verbessert
Optisch zeichnen sich die neuen Lampen durch eine bessere Wirkung aus: Sie leuchten Strassen, Trottoirs und Gehwege gezielter und regelmässiger aus, was die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer erhöhe, heisst es bei ewb. «Zudem wird um Mitternacht nicht mehr jede zweite Leuchte abgeschaltet, sondern die Leistung jeder einzelnen Lampe reduziert.» Damit gibt es weniger finstere Stellen, was auch zu einem besseren Sicherheitsempfinden führt.
Ein weiterer Vorteil liegt in der Langlebigkeit. Während die alten Lampen bei einem Betrieb von rund 4’200 Stunden pro Jahr erfahrungsgemäss nach rund drei Jahren den Geist aufgaben, halten die Metalldampflampen in der Länggasse etwa vier Jahre; LED-Beleuchtung ist – mindestens gemäss Versprechen der Hersteller – gar noch langlebiger. Insgesamt rechnet man beim ewb dennoch nicht mit merklich sinkenden Wartungskosten: die neuen Lampen verschmutzen ebenso schnell wie die alten und müssen regelmässig gereinigt und kontrolliert werden.
Auch in Sachen Lichtverschmutzung – die den Tag-Nacht-Rhythmus von Flora und Fauna beeinträchtigt – haben die neuen Leuchtmittel Vorteile. Insbesondere dort, wo alte Lampenmasten mit modernen Ausführungen ersetzt werden. Diese konzentrieren ihre Leuchtkraft auf den gewünschten Bereich, sagt Raphaël Wyss: «Durch die Reflektoren in den Leuchten, wird das Licht dorthin gelenkt, wo es benötigt wird. Eine gezielte und gut abgestimmte Strassenbeleuchtung verhindert unerwünschtes Streulicht und reduziert so die Lichtverschmutzung. Aus dieser Sicht konnte eine Verbesserung erzielt werden.»
Weniger Sondermüll – mehr Elektroschrott
Indes: 100% ökologisch sind auch die neuen Lampen nicht, weiss Raphaël Wyss: «Metalldampflampen verbrauchen zwar weniger Energie, enthalten aber auch mehr Elektronik, die letztendlich als Elektroschrott entsorgt werden muss.» Allerdings falle die Entsorgung durchgebrannter Lampen als Sonderabfall – aufgrund des Quecksilbergehalts – künftig weg.
Mit dem Umbau der Beleuchtung kommt jedoch auch ein neues Licht: Die LED-Lampen leuchten bläulich kühl. Anwohnerinnen und Anwohner scheinen jedoch das frühere, warme Licht nicht zu vermissen: Bei EWB sei keine entsprechende Kritik eingegangen.
Noch mehr Energie liesse sich freilich sparen, wenn die Sparleuchte mittels eines Solarpanels den eigenen Strom gleich selber produzieren würde. Solche Lampen sind zwar erhältlich, wären aber in Bern vorderhand kein Thema, sagt Raphaël Wyss: «Die Investitionskosten sind für Solarlampen viel höher als für konventionelle. Kommt hinzu, dass sie viel graue Energie für Herstellung und Entsorgung von Akkus und Solarpanels verbrauchen.» Ein Einsatz sei deshalb nur sinnvoll, wenn keine Netzleitungen im Boden vorhanden seien. In der Stadt Bern würden Solarleuchten bislang einzig beim Bärenpark eingesetzt.
Tiefbauamt des Kantons ausgezeichnet
Auch auf Berner Kantonsstrassen wird gehörig Energie gespart. Mit dem Konzept «Licht nach Bedarf» hat das Tiefbauamt des Kantons Bern gar eine Auszeichnung im Rahmen des «Prix Excellence» der Schweizerischen Gesellschaft für Verwaltungswissenschaften gewonnen.
Die Berner Idee: Strassenlampen machen genau dort und nur dann Licht, wenn es wirklich gebraucht wird. Sind keine Strassenbenutzer unterwegs, sorgt eine stark gedrosselte Beleuchtung für die nötige Sicherheit. Meldet der Sensor Bewegung auf der Strasse, dreht jede einzelne Lampe auf, um nach kurzer Zeit wieder in den Sparmodus zu dimmen. Das System erkennt sowohl Autos und Fahrräder wie auch Fussgänger. Ferner kommunizieren die einzelnen Lampen miteinander und informieren die jeweils nächste Strassenlampe über nahenden Lichtbedarf.
Gemäss kantonalem Tiefbauamt würden mit diesem Konzept durchschnittlich 85 Prozent der Energie und über 90 Prozent der Kosten eingespart.
Andreas Käsermann