Der grosse Hebel der Unternehmen
Der VCS hat den Einfluss von Unternehmen auf das Mobilitätsverhalten ihrer Angestellten untersucht. Die Haupterkenntnis: Die Anstrengungen zu mehr umweltverträglicher Mobilität tragen Früchte – jedoch gibt es noch Potenzial.
Was tun Unternehmen, um das Mobilitätsverhalten ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Richtung Nachhaltigkeit zu steuern? Der VCS wollte es wissen und hat zum zweiten Mal nach 2021 eine Umfrage bei Schweizer Unternehmen gemacht. 30 Firmen verschiedenster Grösse aus allen Landesregionen haben sich beteiligt. Von reinen Dienstleistungsbetrieben bis hin zu Bau- und Industrieunternehmen waren alle Branchen vertreten, insgesamt beschäftigen sie über 75 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Die hohe Beteiligung und die Resultate zeigen deutlich, dass der Klimaschutz bei vielen Unternehmen einen wachsenden Stellenwert einnimmt. Die Umfrage beleuchtete die drei Teilbereiche Pendeln, Fahrzeugflotte und Geschäftsreisen. Wie der verantwortliche VCS-Projektmitarbeiter Selim Egloff sagt, schneiden die befragten Unternehmen im Rating allgemein recht gut ab: «Dies ist ein Hinweis, dass das Thema ökologische Mobilität in vielen Unternehmen präsent ist und sie deshalb schon zahlreiche Massnahmen ergriffen haben.»
Pendeln, Fahrzeugflotte und …
SBB, Swisscom und SwissRe, die drei grössten Unternehmen, die an der Umfrage teilgenommen haben, erreichten allesamt eine gute Bewertung. Im Bereich der Pendlermobilität glänzt insbesondere SwissRe mit ihren Anstrengungen, CO2-Emissionen zu vermindern. So gibt es für Mitarbeitende, die zu Fuss oder per Fahrrad zur Arbeit kommen, finanzielle Zuschüsse sowie eine Reparaturmöglichkeit für Velos. Homeoffice wird von allen befragten Unternehmen unterstützt, soweit dies im Rahmen der Tätigkeit möglich ist.
Auch beim Betrieb der eigenen Fahrzeugflotte zeigen sich die Unternehmen engagiert. So verpflichten sich Swisscom und SBB, ihre Flotten aus rund 500 Personen- und Lieferwagen bis 2030 respektive 2040 auf klimaschonende Antriebe umzustellen. Auch in anderen Unternehmen werden ähnliche Ziele verfolgt – die Obwaldner Kantonalbank gibt gar an, ihre Firmenwagen bereits seit letztem Jahr komplett elektrisch zu betreiben.
Rangliste der teilnehmenden Unternehmen ab 200 Mitarbeitenden
Ergebnisse auf einer Skala von 1 (ungenügend) bis 6 (sehr gut)
- Swiss Re (5,2)
- SBB (5,1)
- Swisscom AG (5,1)
- Manor (4,1)
- Obwaldner Kantonalbank (4,0)
- Rhätische Bahn (4,0)
- MS Direct AG (3,1)
- Banque Cantonale du Valais (2,7)
- Skan AG (1,9)
Beim Ersatz der Nutzfahrzeuge besteht derweil noch Nachholbedarf: So bleiben die meisten Unternehmen bei einer Zielsetzung für eine emissionsfreie Nutzfahrzeugflotte noch sehr vage. Cargovelo oder E‑Rikschas etwa werden als ergänzende Alternativen noch kaum in Betracht gezogen.
… Geschäftsreisen
Die Auswertung zeigt weiter, dass bei Geschäftsreisen vermehrt Wert auf die Reduktion von Treibhausgasemissionen gelegt wird. Der Grossteil der Firmen bevorzugt den Zug gegenüber dem Auto oder dem Flugzeug. Förderlich ist dabei der hohe Ausbaustandard des öffentlichen Verkehrs in der Schweiz. Es ist zu vermuten, dass ein flächendeckender Effort zu Gunsten der Veloinfrastruktur einen ähnlich positiven Effekt haben würde.
Dennoch greifen die Massnahmen nur langsam: Beispielsweise beträgt der Anteil von Autopendlerinnen und Autopendlern bei SwissRe recht hohe 46 Prozent, die SBB melden rund 950 Flugreisen pro Jahr. Gerade beim Auto hätte das Engagement eines Unternehmens einen grossen Hebel. «Studien zeigen, dass Arbeitgeber einen grossen Einfluss auf die Mobilität ihrer Mitarbeitenden haben können. So ist beispielsweise der Arbeitsweg einer der häufigsten Gründe, warum sich Menschen ein Auto kaufen. «Wer ein Auto besitzt, braucht dieses danach aber auch in der Freizeit», sagt Selim Egloff. Setzt ein Unternehmen also Anreize, mit dem öffentlichen Verkehr oder Velo zur Arbeit zu kommen, hat dies auch einen Einfluss auf den Freizeitverkehr.
Andreas Käsermann