Auf Empfang bleiben
In wenigen Wochen läuft in der Schweiz die Gnadenfrist für das analoge Telefonnetz ab. Viele haben bereits umgestellt – für Nachzügler wird es jetzt Zeit, auf IP-Telefonie umzusteigen.
Die gute Nachricht zuerst: Der Telefon-Anschluss wird am Neujahrstag auch dann funktionieren, wenn der Umstellungstermin versäumt wurde. Schon nur, weil Swisscom bestimmt kein Interesse an einer völlig überlasteten Störungshotline zum Jahresbeginn hat: «Unsere Kundinnen und Kunden werden auch nach dem Jahreswechsel telefonieren können, denn wir schalten keinen Anschluss ohne Vorinfo ab», versichert Brunhilde Mauthe, Head of Communications All IP. Tatsächlich hätten aber schon jetzt sehr viele Privathaushalte umgerüstet; bis zum Jahresende rechnet der Branchenriese nur noch mit wenigen Nachzüglern.
Swisscom forciert Umstieg
Der Wechsel von der analogen auf die IP-Telefonie ist ein weltweiter Prozess. Telekomanbieter haben zusehends Mühe, für das alte Netz die nötigen Ersatzteile oder auch Personal mit entsprechendem Know-how zu finden. Überdies: Der Unterhalt zweier Parallelsysteme ist teuer; das wirtschaftliche Interesse entsprechend gross, dem in die Jahre gekommenen Analognetz den Stecker zu ziehen. Insbesondere auch, weil die IP-Telefonie solide funktioniert und die Kinderkrankheiten der Anfangstage ausgemerzt sind. Ausserdem könne die bisherige Technologie die Ansprüche von Kundinnen und Kunden nicht mehr erfüllen.
Das digitale Telefonnetz bietet denn auch viele Zusatzfunktionen, wie Brunhilde Mauthe ausführt: «Wer sich von Werbeanrufen belästigt fühlt, kann diese ganz einfach und kostenlos im Kundencenter oder an der Hotline sperren lassen.» Das funktioniert zwar nicht ganz in 100 Prozent der Fälle, die Trefferquote sei aber sehr hoch und werde weiter verbessert. «Ausserdem ist die akustische Qualität der Gespräche dank High-Definition-Ton deutlich besser als bei der analogen Telefonie.»
Ferner zeigt ein modernes IP-Telefon nicht bloss die Telefonnummer eines Anrufers an, sondern – sofern er in den offiziellen Verzeichnissen vermerkt ist – auch dessen Namen. Und schliesslich: Dank des zwischengeschalteten Routers ist es möglich, kostenfrei über WLAN mobil zu telefonieren.
Freilich hat die IP-Telefonie auch Nachteile. Bei einem Stromausfall etwa ist die Leitung tot. Brunhilde Mauthe relativiert jedoch: «Das ist ein Makel, den wir bereits von analogen schnurlosen Telefonen kennen. Auch deren Basisstationen sind auf Strom angewiesen und versagen den Dienst bei einem Blackout.» Für diesen Fall liesse sich eine automatische Rufnummern-Umleitung einrichten – etwa auf das Mobiltelefon. Und sollte der Router mal streiken, wird eine optionale Ausfallsicherung angeboten – etwa für Kunden, die beruflich auf eine ständige Internetverbindung angewiesen sind.
Umstellung auf gutem Wege
Gemäss Swisscom ist die Umstellung von der analogen auf die IP-Infrastruktur fortgeschritten und auf Kurs: «Schon heute profitieren fast vier Fünftel aller Kundinnen und Kunden von den Vorteilen der IPTelefonie.» Ab Anfang 2018 werden erste grössere Regionen der Schweiz vollständig umgestellt. Erst dann wird mit dem Rückbau der alten Infrastruktur begonnen. Wer den Umstieg versäume, werde jedoch vorderhand nicht ohne Verbindung dastehen: «Die verbleibenden Kunden werden von Swisscom persönlich und nötigenfalls auch mehrfach kontaktiert», versichert die All-IP-Kommunikationsverantwortliche Brunhilde Mauthe.
Für Privatpersonen ist der technische Aufwand beim Umstieg im Normalfall gering: statt das Festnetzgerät direkt an der Dose an der Wand einzustecken, läuft es neu über einen Internetrouter. Dieser wird von der Anbieterfirma – etwa Swisscom, Cablecom usw. – zur Verfügung gestellt. Neben neuen IP-Telefonen lassen sich daran auch ältere analoge Telefone betreiben – wenn auch mit diesen Geräten nicht ganz jeder Komfort der digitalen Telefonie zur Verfügung steht. Einzig für sehr alte Telefone und solche, die noch mit Wählscheibe funktionieren, wird für den weiteren Betrieb ein zusätzlicher Adapter benötigt.
Auch für Spezialanwendungen – etwa Notrufsysteme in Aufzügen oder Alarmeinrichtungen für betagte Personen – lohnen sich Abklärungen, ob diese auf dem IP-Netz funktionieren. Gemäss Swisscom gibt es jedoch für die meisten derartigen Fälle Ersatzlösungen, die auf Mobiltelefonie beruhen.
Andreas Käsermann