
AirBnB – Fluch oder Segen?
In den letzten Jahren hat sich ein alternativer Hotellerietrend etabliert: Über Internet-Anbieter wie etwa AirBnB lässt sich ein Zimmer oder auch eine ganze Wohnung auf Zeit vermieten oder untervermieten. Ganz einfach lässt sich so ungenutzter Wohnraum – mitunter sehr kurzfristig – belegen – sei es für ein, zwei Nächte oder auch für mehrere Monate.
aus casanostra 140
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Das ist an und für sich ein praktisches Modell und hilft leerstehende Wohnungen und kalte Betten zu vermeiden. Durchgangsgäste profitieren von teilweise sehr günstigen Logis für den Aufenthalt und Anbieter verdienen einen finanziellen Zustupf.
Eigentümer muss informiert werden
Das ist durchaus verlockend, hat aber auch Tücken. Eine Wohnung anbieten kann nämlich sowohl ein Eigentümer wie auch ein Mieter. In letzterem Fall ist jedoch Transparenz wichtig, ansonsten ist Ärger in Verzug. «Die Vermietung von Wohnungen an Durchgangsgäste ist dann ein Fall von Untermiete. Eine solche muss dem Vermieter gemeldet werden», sagt Immobilientreuhänderin Barbara Mühlestein, Dossierspezialistin «Mietrecht» beim Hausverein Schweiz. «Während jedoch eine klassische Untermiete über mehrere Wochen oder Monate nicht per se verboten werden kann, ist die Sachlage bei der Untermiete an Tagesgäste eine andere. Ein Vermieter kann seine Zustimmung zu einer solchen Nutzung tatsächlich verweigern.» Das Gesetz hinke jedoch der Entwicklung des relativ neuen Phänomens hinterher.
Vorteile nutzen – Auswüchsen vorbeugen
Der Hausverein Schweiz anerkennt die Vorteile der Buchungsportale. Sie beruhen auf der Philosophie des Teilens und des privaten Gastgebertums. Während dem halbjährigen Auslandaufenthalt der eigenen Tochter wird so das freie Zimmer vermietet. Auch bestehende Zweitwohnungen werden über Online-Plattformen vermietet und besser ausgenutzt. Das ist zu begrüssen.
Es gibt jedoch eine Kehrseite: Mit den Online-Plattformen lässt sich deutlich mehr Geld verdienen als mit der Vermietung von Erst- bzw. Dauerwohnungen. Kommerzielle Anbieter kaufen darum zunehmend Wohnraum und vermieten diesen mit hohen Tagesmieten an Touristen oder Geschäftsleute. Und zwar ausgerechnet in Gebieten, wo bezahlbare Wohnungen Mangelware sind. Etwa in Genf, in der Berner Altstadt oder in den Touristenorten im Wallis und in Graubünden, wo es ohnehin zu viele Zweit- und zu wenig Erstwohnungen für die einheimische Bevölkerung gibt.
Die Online-Plattformen haben also ihre Vorzüge; jedoch dürfen die Auswüchse nicht überhand nehmen. Eine bessere Ausnutzung von bestehendem privaten Wohnraum zu fairen Preisen ist durchaus positiv, die Umnutzung von Erstwohnungen aus rein kommerziellen Gründen jedoch missbräuchlich. Ausserdem regt der Hausverein Schweiz an, dass für Anbieter über Online-Vermittlungsplattformen die gleichen Regeln und Vorschriften gelten müssen wie für alle anderen Hotels, Bed & Breakfast, Pensionen oder private Gastgeber. Und letztlich dürfen Einnahmen durch Vermietung und Untervermietung nicht am Fiskus vorbeigeschleust werden.

Problematisch wird die Situation speziell dort, wo Wohnungen dauerhaft zu Hotelappartements werden. Gerade in den städtischen Regionen der Schweiz gibt es laut Mühlestein diesen Trend: «Wohnungen, welche nur noch als Hotelzimmer dienen, sind eigentlich zweckentfremdete Wohnungen und tragen so zur Verknappung des klassischen Wohnraums bei. Höhere Preise sind die Folge — das ist auch nicht im Interesse der Mieterinnen und Mieter.»
Risikofaktor Indoor-Botellón
Stören kann auch, wenn in der AirBnB-Wohnung nächtens eine rauschende Party steigt. Potenziell laute Klientel, angezogen von günstigen Preisen und — mangels Gesichtskontrolle – begünstigt durch die Anonymität des Internets, ist weit schwieriger zu erkennen als an der Rezeptionstheke im klassischen Hotel. Diesen Umstand haben auch die einschlägigen Buchungsplattformen erkannt: Angebotene Zimmer und Wohnungen in denen keine Parties geduldet werden, können als solche speziell ausgezeichnet werden.
Jedoch kann die AirBnB-Wohnung im Mietshaus auch bei normaler Nutzung auf die gutnachbarschaftlichen Verhältnisse schlagen, wendet SP-Nationalrat Thomas Hardegger, Vizepräsident des Hausvereins Schweiz ein: «Etwa dann, wenn durch regen Wechsel der Gäste einer Wohnung Unruhe oder gar ein Gefühl der Unsicherheit entsteht und die AirBnB-Nutzung bei Abschluss des Mietverhältnisses noch nicht bekannt war.» Die weiteren Mietsparteien könnten beim Vermieter intervenieren oder im Extremfall gar Minderwert geltend machen. «Dies wäre dann natürlich auch nicht im Sinne eines Liegenschafts-Besitzers.»
Die Kontroverse um Buchungsplattformen wie AirBnB ist mittlerweile auch beim Bund ein Sujet: Das Bundesamt für Wohnungswesen hat unlängst die Eigentümer- und Mieterverbände zu einem runden Tisch eingeladen und will die Entwicklung weiter verfolgen. Affaire à suivre.
Andreas Käsermann